Besucher fragen, Bobby Schenk antwortet


Guten Tag, Herr Haindl,

da machen Sie sich viel zu viel Gedanken, wahrscheinlich, weil Sie einen längeren Hochseetörn noch nicht gesegelt sind und so ganz falsche Vorstellungen von den körperlichen Belastungen während der wochenlangen Törndauer haben.

Zunächst zur Klarstellung: Wir sprechen hier von einem Langtörn auf einem Fahrtenschiff, denn dass das Problem auf einer Regattayacht nicht entsteht, auf der die Crew notwendigerweise wegen jedes Zehntels Knoten zur Segelbedienung, also zur Arbeit an der Winsch, aufgescheucht wird, dürften Probleme, wie von Ihnen erwartet, von vorneherein gar nicht aufkommen.

Aber auch auf einem gemütlichen Fahrtenschiff braucht man sich um seine körperliche Fitness jedenfalls nicht mehr Gedanken machen als zu Hause im Stadtleben. Ich hab nur ein einziges Mal erlebt, dass jemand bewußt an seiner körperlichen Fitness auf einem Ozeantörn arbeiten musste, und das war Carla, die nach einer wenige Wochen zurückliegenden Hüftoperation auf dem Deck täglich Übungen absolvierte - siehe Foto.  

Anders als Sie vermuten, liegt eine Fahrtenyacht auf der Hochsee extrem selten so ruhig, dass der Körper physisch nicht beansprucht wird. Ganz im Gegenteil: Bei fast allen Wetterlagen werden Muskeln viel stärker beansprucht als zu Hause im Lehnstuhl oder auch beim Spazierengehen. Denn eine Mono-Yacht segelt naturgemäß selten aufrecht, wohingegen der Körper sich selbstverständlich senkrecht bewegen möchte. Das auf einer schrägen Ebene, nämlich dem Schiffsboden, auszugleichen, beansprucht eine ganze Reihe von Muskeln, die abwechselnd, je nach der fast immer vorhandenen Rollbewegung der Yacht eingesetzt und damit beansprucht werden. Das gilt übrigens bei einem Katamaran ebenso, wenn auch die Schiffsbewegungen in der Regel etwas ruhiger ausfallen.

Wenn dann am Schiff beziehungsweise an den Segeln gearbeitet werden muss, wird man gar nicht so selten bis an seine körperlichen Leistungsgrenzen gehen müssen. Auch wenn  dies auf den modernen Yachten mit den diversen Rollsegeln bei weitem nicht so extrem vorkommt wie früher, als man die Vorsegel noch per Hand an den Stagreitern bedienen mußte.

Selbst wenn man - scheinbar ruhig - vor dem Ruderrad beim Kurshalten sitzt (bei einer guten Windsteueranlage fast nie!), wird der Körper, der ja immer die Schiffsbewegungen ausgleicht, erheblich belastet, und das 24 Stunden lang und keineswegs einseitig. Wir haben nur ein einziges Mal erlebt, dass auf dem Schiff absolute Bewegungsruhe eingekehre, als wir auf einer Atlantiküberquerung in ein so extremes Flautenloch gerieten, dass sich geschlagene acht Tage lang sich die sonst stetig präsente Dünung nicht einmal mehr ansatzweise bemerkbar machte. Freilich, das war zu einer Zeit, als es als unseemännisch galt, auf einer Segelyacht die "Hilfsmaschine" einzusetzen.

Nach unserem längsten Non-Stop-Törn von Mar del Plata (Argentinien) bis ins Mittelmeer in 72 Tagen, das sind endlose zweieinhalb Monate) waren Karla und ich jedenfalls körperlich so gut durchtrainiert wie niemals im bürgerlichem Leben zuvor und danach.

mfg 
Bobby Schenk

 

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