Hallo Helmut Reisler, eine berechtigte Frage!
Denn man segelt ja nicht nur um die Welt, um andere Landschaften zu sehen, sondern vor allem, um andere Menschen zu treffen und möglichst gut kennen zu lernen. Und das funktioniert halt nur mit einem gewissen Maß an
Fremsprachen-Kenntnissen.
Unglücklicherweise haben die meisten Menschen nicht die Gabe, eine fremde Sprache leicht zu erlernen. Vielen fällt dies sogar ziemlich schwer, und zu denen gehöre auch ich. So musste ich in der Schule jahrelang Altgriechisch üben und spreche heute keinen einzigen Satz. O.K., das ist nicht weiter schlimm, denn ich würde unter den Seglern oder in Polynesien ohnehin kaum jemanden finden, mit dem ich mich in dieser Sprache unterhalten könnte.
Wir haben auf unseren kontinentübergreifenden Törns nur einmal eine ältere Crew aus der (deutschen) Schweiz erlebt, die
keine einzige Fremdsprache beherrschte, nicht einmal bruchstückhaft. Die beiden netten Leute haben sehr unter diesem Manko gelitten.
Ich selber spreche auch nur leidlich englisch, und sogar die Jahre in
Französisch Polynesien haben mich nicht dazu gebracht, mir mehr als ein paar Brocken dieser
Weltsprache anzueignen. Trotzdem bin ich mit diesem etwas kargen Wortschatz ganz gut um die Welt gefahren.
Ich könnte es mir nun einfach machen und Ihnen raten, eine Reihe von Sprachen zu lernen, je nach Ihren Zielen auf einer Weltumsegelung. Da Sie und Ihre Freundin sich jedoch bereits auf eine Weltumsegelung vorbereiten, kann ich mir gut vorstellen, dass ein solcher
Ratschlag lebensfremd wäre. Denn es geht Ihnen sicher wie all denen, die so große Pläne haben, dass Sie nämlich unter den diversen Vorbereitungen auf den großen Törn zeitlich am Ersticken sind und gar keine Möglichkeit mehr hätte, ein halbes Jahr lang
Fremdsprachen zu büffeln. Nun, das hätte zumindest den Vorteil, dass Sie nicht den Fehler unseres Freundes Steve aus England machen könnten. Dieser – ansonsten ein hochintelligenter Mensch – hat uns nämlich damit verblüfft, dass er intensiv Spanisch büffelte, weil er doch so gern nach
Brasilien wollte.
Ich empfehle Ihnen aber dringend, sich trotz des
akuten Zeitmangels eine Fremdsprache vorzunehmen, die Ihnen
am meisten nützt. Und das ist die englische. Die deutsche Sprache, unsere Muttersprache, wird rund um die Welt leider nur selten, meist von älteren Menschen, gesprochen, mit Deutsch kommen Sie also nicht weit. Es ist nun mal so, dass dagegen
Englisch vor allem von jüngeren Menschen fast überall auf der Welt gesprochen, zumindest verstanden wird. Also, wenn eine
Sprache extrem wichtig ist, dann ist es Englisch, wobei Sie es sicher nicht fließend und grammatikalisch einwandfrei sprechen müssen.
Ohne Englisch bleibt Ihnen auf einer Weltumsegelung viel, sehr viel verschlossen. Es ist ein Muss, zumindest einen
kleinen Wortschatz und ein paar Redewendungen parat zu haben, um sich (fast) überall mit Menschen auszutauschen zu können. Dafür sollten Sie bei Ihrer Vorbereitung etwas von Ihrer wertvollen Zeit opfern. Vielleicht
auch Ausdrücken aus der Segler- und Yacht-Welt besondere Aufmerksamkeit schenken!
Aber unabhängig von der Möglichkeit des Kennenlernens untereinander ist
Englisch auch deshalb wichtig, ja unersetzlich, weil sich der gesamte
internationale Funkverkehr vorwiegend in Englisch abpielt, und bei
(See-)Notfällen kann dann diese Sprache essentiell werden. Zumal die meisten
Hafenbehörden rund um die Welt sich daran gewöhnt haben, dass Yachties aus
fremden Ländern immer mehr als ein paar Brocken Englisch sprechen.
Und wenn Sie daraufhin Lust nach mehr bekommen, rate ich Ihnen zu
Französisch und/oder Spanisch
- je nach Reiseroute. Ein paar Brocken Französisch wären deshalb interessant, weil Sie sich auf der Passatroute in dem riesigen Französisch- Polynesien länger aufhalten werden und weil die hinreißende Natur förmlich danach schreit, Land und (!) Leute näher kennen zu lernen. Und weil Sie es dort mit Menschen zu tun bekommen – Achtung: Diskriminierung! -, die, sagen wir mal, reichlich selbstbewusst sind und ihre Muttersprache für einzige
richtige und wahre halten, nämlich mit
Franzosen.
Sie werden unter diesen, die ansonsten durchaus sympathisch sein können, kaum jemanden finden, mit dem Sie sich auf Englisch unterhalten können. Kein Wunder, dass Weltumsegler immer wieder darüber klagen, dass sie mit französischen Seglern keinen Kontakt gefunden haben, weil
"die immer nur untereinander", also mit ihren Landsleuten, Grüppchen gebildet haben.
Zu anderen Sprachen kann ich Ihnen nur raten, wenn Sie viel Zeit dafür haben, denn unterwegs können Sie damit nicht viel anfangen, es sei denn, Sie lernen Spanisch, weil Sie sich lange in Südamerika aufhalten wollen (nicht in Brasilien - siehe oben!).
Wenn Sie noch gar keine Fremdsprache beherrschen , dann zu Ihrem Trost unser Erlebnis, als es uns wegen technischer Probleme mit dem Ruder der THALASSA in eine kleine abgelegene Bucht in
Papua-Neuguinea verschlagen hatte. Die sehr herzlichen Leute dort (siehe
beide Fotos), die uns gleich in ihr Dorf führten, sprachen keine der uns bekannten Sprachen. Wir kamen jedoch mit Gebärden
und Zeichen ganz gut über die Runden. Es hätte uns nicht einmal geholfen, wenn wir die
Amtssprachen von PNG, also Tok Pisin oder Hiri Motu, fließend gesprochen hätten. Die Wahrscheinlichkeit, sich damit verständigen zu können, war sicher nahe Null. Denn allein in Papua-Neuguines gibt es etwa 800 Sprachen.
Have a nice trip around the world!
Bobby Schenk
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