Besucher fragen, Bobby Schenk antwortet
Hallo Alex,
es ist bei weitem nicht das erste Mal, dass ich solche Fragen erhalte. Deshalb habe ich auch in der Einleitung zu den Fragen, nach meiner Meinung aus gutem Grund, geschrieben:
"Die so sehr beliebten Fragen nach der Eignung eines bestimmten Schiffstyps für Langfahrten oder Weltumsegelungen werden nicht beantwortet."
Der tiefere Grund hierfür ist, dass ich diese Webseite als reines Hobby - ohne jedes Honorar oder bezahlte Anzeigen - betreibe und somit nicht einsehe, warum ich die auf dem Markt durchaus kostenpflichtige Beratung vornehmen sollte, zumal durchaus auch haftungsrechtliche Probleme auftauchen könnten. Und auch deshalb: Begeisterte Segler sind sehr schwer belehrbar und fragen meist nur aus Gründen der Rückversicherung, sprich: der Bestätigung der eigenen Meinung.
Aber, Alex, in Ihrem Fall möchte ich eine Ausnahme machen, denn ganz offensichtlich hängt bei Ihnen auch eine Lebensplanung mit dran und dabei möchte ich doch gerne behilflich sein. Schon, um Sie vor falschen Entscheidungen zu bewahren.
Bei der von Ihnen ins Auge gefassten Atlantiküberquerung handelt es sich vermutlich um die übliche Route im Passat von Ost nach West von den Kanaren oder so mit Ziel Westindien. Rein statistisch gesehen: Ein Blick in die Pilot Charts würde Ihnen zeigen, dass dieser Törn vom Wetter und von der Sturmwahrscheinlichkeit her zu den leichten Crossings gehört. Was sicher dazu geführt hat, dass zahlreiche derartige Unternehmungen, die auf dieser freundlichen Route durchgeführt wurden, mit einem wissenschaftlichen - oder pseudowissenschaftlichen Thema versehen wurden.
Beispiele gefällig:
Dr.Bombard, ein Franzose hat dort den Atlantik mit einem Schlauchboot überquert, um auch zu beweisen, dass man mit dem Genuss von Seewasser als Schiffbrüchiger durchaus überleben kann - ein Beweis, der nach verbreiteter Meinung etwas daneben gegangen ist, was den alleinigen(!) Genuss des Salzwassers angeht.
Dr.Hannes Lindemann wollte, und hat wahrscheinlich auch, durch zwei Atlantiküberquerungen, einmal in einem Einbaum, ein anderes Mal in einem handelsüblichen Faltboot bewiesen, dass ein Schiffbrüchiger unter extremer psychischer und physischer Belastung in der Lage ist, auf hoher See zu überleben .
Der großartige Sir Vival, Überlebenskünstler Rüdiger Nehberg, querte, ebenfalls wie alle, den Atlantik auf der Passatroute einmal in einem Tretboot, ein weiteres Mal auf einem Floß unter anderem, um auf das Schicksal der Yanomami-Indianer aufmerksam zu machen. Was ihm, jedenfalls nach meiner Meinung, durchaus gelungen ist, denn vorher hatte ich von diesem Volk noch nie etwas gehört.
In letzter Zeit gab es sogar Atlantiküberquerungen im Regattamodus unter Ruderbooten, ja , auch mit (kräftigen) Frauen besetzt, die ebenfalls Amerika sicher erreichten.
Lediglich Thor Heyerdahl schaffte die Überquerung mit seinem ersten Papyrusboot, namens RA nicht, weil dieses inmitten des Atlantiks absoff. Aber mit der RAII hat es dann geklappt. Welchen wissenschaftlichen Zweck diese Fahrt über den Ozean hatte, weiß ich nicht mehr, Sie können das ja bei Wikipedia selbst nachlesen.
Den "Katamaran" (links) habe ich nach seinem Einlaufen in Trinidad fotografiert, die russische "Yacht" (rechts ) auf den Kapverden abgebildet. Sie hat dann immerhin die Antarktis umrundet und ist heil nach Russland zurückgesegelt - geht doch!
1977 nahm der deutsche Wolfgang Quix am "Mini-Transat" mit einem 5,70 m langem Serienboot teil und erreichte ebenfalls sicher den neuen Kontinent.
Der "alte Schwede" auf dem Foto - auf seiner ein paar Meter langen Peter Pan - hat nicht nur den Atlantik überquert, sondern kam von Schweden nach Malaysien und, soviel ich weiß, nach Neuseeland.
In Westindien hab ich eine Shark 24 (also ungefähr genauso groß wie Ihr Wunschboot) getroffen, mit dem gleich eine dreiköpfige Familie von Kanada kommend auf dem Weg nach Australien war.
Alex, Sie merken vielleicht schon, auf was ich hinaus will. Vorangegangenes zeigt doch deutlich auf, dass man den großen Teich im friedlichen Passat mit praktisch jedem schwimmenden Untersatz absegeln kann. Wenn man kann! Denn - oft schon von mir behauptet: Der Skipper macht das Schiff! Was sich auch durch technisches Hochrüsten nicht ändert.
Gestatten Sie, Ihre Frage hätte schärfer lauten müssen:
"Ist die Bandholm 24 für mich zu einer Atlantiküberquerung geeignet?"
Ich habe im Internet die sieben 7 Meter lange Bandholm 24 angesehen, das Unterwasserschiff schaut mir angenehm unmodern (kein Wunder bei dem Alter) aus, und da es ein offensichtlich bewährtes Serienboot ist, besteht gewiss auch kein Zweifel an der Kentersicherheit - eine der wenigen unabdingbaren Voraussetzungen für hochseetüchtige Einrumpfyachten. So what?
Ob die Yacht für Sie geeignet ist, kann ich nicht beurteilen, da ich Sie und Ihre Fertigkeiten nicht kenne. So viel: Ein etwaiger SBF würde darüber überhaupt nichts aussagen.
Zwei Ratschläge möchte ich Ihnen aber dringend für eine Atlantiküberquerung geben:
1) Bleiben Sie gesund
und
2) "Keep the water out!"
Letzteres stammt vom Vater aller Fahrtensegler, dem englischen Weltumsegler Eric Hiscock, der von einem Neuling um Rat gefragt wurde, was er bei einem als gefährlich angesehenen Törn raten könne. Die vier Worte enthalten viel Wahres.
Wenn Sie das alles beachten, kann nichts schief gehen. Der im Passat übliche Schiebestrom von ein bis zwei Knoten garantiert Ihre Ankunft in Westindien sowieso.
Mast - und Schotbruch.
Bobby Schenk
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