YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Frage von
Klaus Köhler
Hallo Klaus,
vorab eine Klarstellung: Hier ist nicht die
Rede von "gewöhnlichen" Freundschaften - die sind allerdings auf
einer Langfahrtyacht nicht besonders belastungsfähig - , sondern von
Lebensgemeinschaften.
Sie sind nicht der Erste, der genau dieses
hinterfragt. Aber trotz der häufigen Diskussionen zu diesem Thema ist die
Antwort leicht und sie findet sich eigentlich in allen Weltumseglerberichten. Es
hat schon einen Grund, warum ich das Thema "zwischenmenschliche
Beziehungen" praktisch nie berühre.
Die Wahrheit ist, dass es das von Ihnen
angesprochene Problem schlicht und einfach nicht gibt.
Nennen Sie mir doch ein einziges Beispiel, wo
während (nicht nachher!) einer Weltumsegelung eine solche Beziehung in die
Brüche gegangen ist! Mir ist keine bekannt.
Freilich, Ausnahmen gibt es immer. Aber
Tatsache ist auch, dass die Zusammenarbeit auf einer Yacht zur Erreichung eines
gemeinsamen(!) Ziels, die Zweier-Mannschaft praktisch immer enger
zusammenschweißt, als es im bürgerlichen Leben erwartet werden kann. Die
Probleme beginnen erst im Hafen, wenn die Atlantiksegler dann von den
Alltagsproblemchen eingeholt werden.
Voraussetzung für das Funktionieren einer
Beziehung an Bord ist natürlich, dass die Unternehmung von beiden Teilen
gewollt, gewünscht ist. Wenn "sie" das ganze Spiel nur(!) ihres
Mannes oder Freundes willen mitmacht, dann ist die Grenze der Belastbarkeit sehr
schnell erreicht. Aber das hat ja nichts mit der Segelei zu tun, das
funktioniert im "normalen" Leben ja genauso (nicht).
Noch einem Irrtum unterliegen sie: Sie
stellen bei der Frage nach den Schwierigkeiten solcher Unternehmungen auf die
physischen und psychischen Herausforderung der Segelei(!) ab. Ich kann es nicht
oft genug sagen: Die spielt kaum eine Rolle. Das Schiff segelt los und es bleibt
einem schon gar nichts anderes üblich, als die andere Seite des Ozeans zu
erreichen. Die wirklichen Schwierigkeiten beginnen erst bei der Ankunft:
Nämlich das Schiff wieder herrichten, die notwendigen Ersatzteile in extrem
abgelegenen Gebieten zu besorgen, Improvisationstalent bei Reparaturen
weitab von einem geeigneten Reparaturbetriebs zu zeigen, die mit zunehmender
Erfahrung auftauchende Erkenntnis, dass man das falsche Schiff gekauft hat...
und so fort. Und, was auch nicht gerade die große Ruhe einkehren lässt: Beim
Langfahrtsegeln gilt immer: Nach dem Törn ist vor dem Törn.
Da zeigt es sich am ehesten, ob man ein
echtes Team ist. Aber das gehört schon wieder ins Kapitel
"Alltagsprobleme".
Bleibt noch zu klären, warum im Zusammenhang
mit dem Langfahrtsegeln gerade die Frage nach den "zwischenmenschlichen
Beziehungen" so oft gestellt wird. Man versucht einen - nicht existierenden
- Mythos herbeizureden. Ganz offensichtlich will man bei seinen Träumen nicht
recht akzeptieren, dass es bei dieser Lebensform (ja, das ist das Leben auf dem
Wasser!) meist stinknormal und banal zugeht, mit schönen und üblen Seiten. Wie
zu Hause auch.
Im übrigen wünsche ich Ihrer
"Zweierbeziehung" den nötigen Zusammenhalt.
Bobby Schenk
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