YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Frage von
Gerhard Müller
Lieber Gerhard Müller,
vorab ein Kompliment, dass Sie sich
überhaupt Gedanken um die Deviation Ihres Steuerkompasses machen. Es ist schon
eindrucksvoll, wie heute die Mehrzahl der Segler mit dem GPS in der Hand
navigiert, ohne sich um die Navigation ansonsten größere Gedanken zu machen.
Zwar sollte sich die Deviation, also die Ablenkung des Kompasses durch an Bord
vorhandenen magnetische Störfelder, auf unseren Kunststoffschiffen derart in
Grenzen halten, dass sie von der Steuerungenauigkeit überdeckt wird, es ist
aber ein Gebot der Seemannschaft, dass man zumindest zu Törnbeginn die
Deviationswerte auf allen Kursen (im Idealfall von 10 zu 10 Grad) einmal misst.
Denn nur so kann festgestellt werden, ob beispielsweise durch Unachtsamkeit
(Liegenlassen oder Anbringens eines magnetischen Störers in Kompassnähe) der
Kompass so erheblich abgelenkt wird, dass die korrekte Navigation dadurch
beeinträchtigt wird.
Trotzdem: Ihre Idee ist naheliegend, aber
nicht richtig.
Zumindest nur mit Einschränkungen zu
realisieren. Warum?
Der GPS-Empfänger an Bord empfängt nämlich
nur und ausschließlich an Navigationsdaten: Den Schiffsort und die
atomuhrengenaue Zeit.
Freilich, das ist schon eine Menge, zumal der
Schiffsort nach dem Wegfall der eingeschränkten Genauigkeit in der Praxis auf
10 bis 30 Meter genau sein dürfte.
Alle anderen Werte, die der Navigator am
Display seines GPS-Empfängers an Bord abliest, sind entweder fertig im
jeweiligen Empfänger gespeichert (Missweisung) oder von der Software aus den
empfangenen Daten (Schiffsort, Zeit) jeweils berechnet. Das funktioniert
prinzipiell sehr einfach. Das GPS-Gerät, also die Software des Empfängers
(variiert je nach Geräte-Hersteller) berechnet aus zwei aufeinanderfolgenden
Schiffsorten mit Hilfe der dazwischen abgelaufenen Zeit Kurs und Geschwindigkeit
der Yacht - und zwar über Grund! Diese Art der Kursermittlung führt auch
zwangsläufig dazu, dass eine Yacht ohne Fahrt über Grund keine vernünftige
Kursangabe auf dem Display hat. Viele GPS-Hersteller machen sich nicht einmal
die Mühe anzuzeigen "keine Kursangabe möglich" oder so, sondern
begnügen sich mit irgendwelchen Phantasiewerten für den derzeit anliegenden
Kurs, die mit dem gerade anliegenden Kurs nichts zu tun haben.
Wenn nun die systembedingten Fehler vom GPS
Null wären, dann wären auch die Streckenberechnungen zwischen den einzelnen
vom GPS ermittelten Strecken A B C D einer Yacht mit gleichbleibender
Geschwindigkeit und geradem Kurs im Bild unten hochgenau berechnet und damit
auch die Geschwindigkeits- und Kursanzeige sehr exakt.

Leider aber hat das GPS-System
immer noch Fehler, die in der Zeichnung unten als Fehlerkreise dargestellt
werden. In diese Kreise streut das GPS seine Schiffsorte und es leuchtet ein,
dass hier die eigentlich gleichlangen Streckenabschnitte sowohl der Länge nach,
als auch der Richtung nach sehr ungenau ermittelt werden. Ergebnis: Ungenaue
Kurs- und Geschwindigkeitsangaben.

Es leuchtet auch ein, dass sich der -
minimale - GPS-Fehler umso mehr auswirken kann, je kürzer die Abstände
zwischen den Positionsmessungen sind. Auf vielen GPS-Geräten verbirgt sich die
Möglichkeit, Update-Abstände einzustellen, hinter dem Batteriesparmodus.
Die Konsequenz hieraus sollte sein, die
"GPS-Methode" mit möglichst langen Update-Abständen und deutlicher
Geschwindigkeit lediglich zur gelegentlichen Kontrolle der Deviation zu
benutzen, nicht aber, um eine komplette Deviationstabelle aufzustellen. Dazu
liefert die Vergleichsmessung des Sonnenazimuts genauere Werte.
Aber im Sinne einer seriösen Navigation ist
die GPS-Methode jedenfalls viel besser als gar nichts.
Immer ein genaues Fix wünscht
Bobby Schenk
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