YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Frage von
Christian Kempf
Hallo Christian Kempf,
eigentlich sollte sich so eine Frage gar
nicht stellen, denn es gebietet doch schon der Anstand, dass man auf jemand
Rücksicht nimmt, der einem das Längsseitsgehen erlaubt. Unter Seglern! Leider
befindet man sich aber heute in der Praxis nicht immer unter Sportskameraden,
sondern oft unter Autofahrern auf dem Wasser. Und da herrscht, wie täglich zu
beobachten, Ellenbogenmentalität.
In erster Linie werden wohl die
Hafenordnungen zu dieser Frage Grundsätzliches aussagen, und wenn es in der
Floskel "den Anordnungen des Hafenmeisters ist Folge zu leisten..."
verborgen ist. Läuft eine Yacht den Hafen an, so unterwirft sie sich
automatisch der Hafenordnung.
Wenn der Hafenmeister einer Yacht einen Platz
zuweist und gleichzeitig anderen Schiffen die Päckchenbildung erlaubt, so kann
man sich also der Päckchennachbarn nicht erwehren. Andererseits werden die
geduldeten Päckchenlieger auf die Belange der innenliegenden Yachten Rücksicht
nehmen müssen. Dazu gehört selbstverständlich auch dazu, dass man sich bereit
hält, wenn der Innenliegende ablegen möchte. Dies gilt insbesondere dann, wenn
jemand wie Sie zu einer völlig "normalen" Morgenzeit ablegen will.
Freilich empfiehlt es sich, dies mit den Neuankömmlingen am Abend noch zu
besprechen und diese außerdem zu bitten, Ihre Pläne an weitere Yachten
weiterzugeben. Unter guten Wetterbedingungen wird ja nur Ihre unmittelbare
Nachbaryacht von Ihrem Ablegemanöver betroffen sein.
Sie können also jederzeit ablegen. Was
anderes gilt freilich, wenn Ihr Ablegen zu einem unerwarteten und
ungewöhnlichen Zeitpunkt erfolgen wird, Dann ist es notwendig, nicht nur
empfehlenswert, dieses Vorhaben der Nachbaryacht vor deren Anlegen mitzuteilen.
Geht diese trotzdem längsseits, dann erklärt sie sich ja mit ihren Plänen
einverstanden und muss sich danach richten.
Ich warne allerdings davor, ohne Mitwirken
der Nachbaryacht abzulegen: Dies selbst dann nicht, wenn sie sich im Recht
fühlen oder auch sind. Denn das berechtigt Sie noch lange nicht, einfach die
Leinen der Nachbaryacht loszuschmeissen mit der Gefahr der Beschädigung des
Nachbarn oder anderer Yachten. In einem derartigen Fall würden Sie im Ernstfall
den kürzeren ziehen, selbst wenn Sie unter allen Gesichtspunkten berechtig
waren, loszufahren.
Wie Sie sehen, ist dieses Problemchen nur
einvernehmlich mit den anderen Seglern zu lösen. Deshalb ist ein entsprechendes
Gespräch beim Anlegen unbedingt zu führen. Dann aber sollte es keine
Schwierigkeiten geben unter Sportsleuten. Aber - siehe oben!
Mast- und Schotbruch!
Bobby Schenk
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