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Wohnen und Leben auf der THALASSA
Wenn die Träume von einer Langfahrt beginnen, stellt man sich
in Gedanken eine schnittige Segelyacht vor, die über die Weltmeere pflügt.
Auch bei Carla und mir war das Segeln die eigentliche Triebfeder für unsere
Weltumrundung. Anfangs konnte ich es täglich gar nicht richtig erwarten, bis
die Segel gesetzt waren. Erst nach den ersten Tausenden von Seemeilen wurde mir
klar, dass "Blauwassersegeln" viel mehr ist als die Auseinandersetzung
mit der Natur unter Zuhilfenahme von Wind und Segel. Tatsächlich verbringt man die Zeit bei einer -
üblichen - mehrjährigen Weltumsegelung weit mehr vor Anker als auf hoher See.
Die Segelzeit macht nicht mehr als 25 bis 30 Prozent der Reisedauer aus, die
übrige Zeit liegt die Yacht vor Anker oder - selten - im Hafen. "Jeder
Segeltag ist ein verlorener Hafentag" ist zwar ein etwas negatives
Resümee, doch zeigt es, dass bei der Auswahl der Yacht der Lebens- und
Wohnqualität auf Blauwasserfahrt herausragende Bedeutung zukommt. Dies stand
auch
bei der Anschaffung der THALASSA im Vordergrund.

Nachdem
sich unsere Weltreisen fast ausschließlich in warmen bis heißen Gebieten
abspielen (wir können Schnee und Eis nichts abgewinnen) ist das Cockpit
der
zentrale Platz auf der THALASSA, sowohl unterwegs als auch vor Anker. Es hat nur
noch wenig Ähnlichkeit mit dem naturgemäß immer engen Cockpit einer
Einrumpfyacht, sei sie auch an die 20 Meter lang. Zu zweit kommt man sich -
unterwegs - fast schon etwas verloren vor, soviel Platz hat man. Dafür kann man
bequem am Cockpittisch seine Mahlzeiten einnehmen. Selbstverständlich ist der
Tisch weder kardanisch, noch werden nasse Tücher oder Antirutsch-Folien
benutzt. Selbst Biergläser bleiben auch bei hartem Wetter sicher auf dem Tisch
stehen. Dies ist unterwegs ein großer Vorteil, denn man ist nicht gezwungen,
nach jedem Essen den Tisch abräumen zu müssen(!).
Ob
der Steuerstand (links) bequem, zweckdienlich oder ausreichend für zwei
Personen ist, ist mehr eine akademische Frage, denn er wird - kaum jemals benutzt,
außer zum Ankern oder bei Hafenmanöver. Fast ausnahmslos läuft die THALASSA
unter der Selbststeueranlage - entweder mit dem elektrischen
Robertson-Automat
(Verbrauch: 10 Ampere) oder unter dem Windpilot mit einem halben Ampere.
Was
häufig bei der Planung einer Yacht vergessen wird, ist ihre Bewohnbarkeit in
den Tropen. Hier haben wir auch bei der Bestellung der Yacht einen Fehler
gemacht, der leicht vermeidbar gewesen wäre - ich hätte nur bei Schenk
nachlesen müssen: Das Bimini-Verdeck habe ich in Rot gewählt, was bei den
üblichen 35 bis 40 Grad Hitzegraden hier in der Türkei das Cockpit praktisch
unbewohnbar gemacht hat. Einmal habe ich auf der Unterseite des Bimini
unerträgliche 55 Grad gemessen. Wir haben dann unter das Bimini-Dach eine
weiße "Zwischendecke" einziehen lassen (bei gleichen Bedingungen 40
Grad gemessen), was die Wohnlichkeit des Cockpits selbst bei heißestem Wetter
nunmehr gewährleistet.
Vom
Cockpit aus lässt sich gut mit der Pantry
kommunizieren, was für die Harmonie
an Bord unverzichtbar ist. Es geht nicht darum, den Smutje mit guten
Ratschlägen zu unterstützen (der kann das schon alleine), sondern schlicht um
den fortwährenden Kontakt der Besatzung einer Yacht untereinander.
Die
Ausstattung der Kombüse drängt sich heute auf. Leider, ich sage bewusst
"leider", hat der Petroleumofen ausgedient. Nicht, weil er zu schlecht
gewesen wäre, sondern weil seine Ersatzteile und ein ordentliches Petroleum
weltweit kaum noch zu erhalten sind. So blieb uns nichts anderes als der Gasofen
(mit Herd) übrig - selbstverständlich mit allen Sicherheitseinrichtungen wie
Gasalarm etc. Ein elektrischer Herd ist mit Batteriestrom nicht zu speisen,
sondern müsste von einem Generator betrieben werden. Man stelle sich mal vor,
man lässt 20 Pferdestärken für eine Tasse Kaffee orgeln und rußen.
Etwas
anderes ist es mit dem Mikrowellenherd - aus der Metro bezogen und damit
billiger als mancher Block an Bord der THALASSA! Seine Versorgung mit Strom aus
dem Inverter (220 Volt) ist kein Problem, weil die Mikrowelle meist nur für ein
paar Minuten benötigt wird.
Gleiches gilt
für andere elektrische Helferlein aus dem Kaufhaus wie Mixquirl etc
Auf
Grund der vorgegebenen Raumaufteilung hat sich leider kein Platz für eine Gefriertruhe, sondern nur für einen Gefrierschrank (und einen Kühlschrank)
finden lassen. Wie sich herausgestellt hat, reichen die vorhandenen Solarzellen
zu deren Betrieb gerade aus, doch hätte ich mir sicher einige Amperestunden gespart,
wenn die Tiefkühltruhe nach oben zum Öffnen gewesen wäre.
Links
vom Eingang zum "Salon" - einen "Niedergang" gibt es auf dem Katamaran nicht -
befindet sich die Navigationsecke. Mancher mag über die Kleinheit des
Navigationstisches die Nase rümpfen, aber die Zeiten von quadratmetergroßen
Kartentischen ist wohl vorbei. Wer breitet denn noch eine Papierseekarte zur
Gänze aus, um darin Stromdreiecke zu konstruieren? Früher, vor Erfindung des
GPS, war ein riesiger Navigationstisch durchaus vertretbar, ja notwendig. Denn
stundenlang verbrachte man alleine schon "in" der Seekarte, um seinen
Standort mit Kreuzpeilungen oder gar mit astronomischen Standlinien zu
bestimmen. Wenn heute eine Karte benötigt
wird (zum Beispiel beim Landfall), dann legt man die halt für ein paar Stunden auf den
Salontisch und trägt von Zeit zu Zeit seinen GPS-Ort ein.
An
Instrumenten ist das Übliche vorhanden, wenn man mal von dem ausgezeichneten
Interphase-Sonar Probe absieht. Das Furuno-Radar überzeugt von der Leistung,
seine Bedienung allerdings ist mehr als gewöhnungsbedürftig. Unübersichtliche
Menüs verhindern, dass man nach einigen Wochen vor Anker sofort wieder mit dem
Instrument vertraut ist, wenn man es benötigt.
Die meistbenutzten Instrumente sind nach wie vor der
Meteoliner (elektronischer Barograph) und vor allem der Batteriecontroller DCC
4000 von Magnetronic, der fortwährend den Lade-oder Entladestrom und die
vorhandene Batteriekapazität und damit auch anzeigt, dass die Gel-Batterien
eine Fehlanschaffung sind. Denn bei weitem geben diese ihre angebliche
Nennkapazität von 600 AH nicht ab, auch nicht zu 50 Prozent. Wenn die mal ihren
Geist aufgeben, kommen wieder die "guten", in Wirklichkeit recht
schlechten Säurebatterien drauf. Hier hat die Werft, wie bei vielen Dingen,
hervorragend geplant. Die Batteriebehälter sind nicht exakt auf die vorhandenen
Batterien zugeschnitten, sondern Steckbretter erlauben die Veränderung der
Batterieboxen so, dass auch Batterien mit anderen Abmessungen leicht installiert
werden können. Das ist besonders wichtig auf Langfahrt, denn das Batterieleben
ist, zumal in den Tropen, begrenzt und eines Tages, irgendwo, werden dann die
neuen Batterien fällig. Gut, dann nicht auf landesspezifische
Abmessungsstandards angewiesen zu sein!
Der
Tisch im "Salon" reicht für 8 Personen und damit für alle Mitsegler.
Denn es sind nur 8 Schlafplätze vorhanden. Die Lotsenkoje, die von der Werft an
Steuerbord vorgesehen war, musste dem Stauraum und vor allem der Waschmaschine
weichen.
Vorteilhaft bei der Anordnung der
"Sitzgruppe" ist die unmittelbare Nähe zur Pantry, von der die Teller rüber
gereicht werden können. Der
Tisch ist - selbstverständlich - nicht kardanisch, was bei einem Katamaran
wirklich überflüssig ist. Zu diesem Ergebnis komme ich nach mehreren
Jahrzehnten hervorragenden Erfahrungen mit Schwingtischen.
Auch
hier hat es sich herausgestellt, dass es ein Fehler war, die Batylen-Blenden
für die großen Salon-Scheiben in Rot zu bestellen (was allerdings von mir ein
Versehen war). In der heißen Türkei war der Salon ohne Ventilator praktisch nicht bewohnbar,
worunter wir wegen des sonstigen Platzangebots auf dem Kat nicht gelitten haben. Das
änderte sich schlagartig, als wir von einem geschickten türkischen Segelmacher
die Blenden in weißem Markisenstoff fertigen ließen.
Ob
der Steuerbordrumpf oder der Rumpf an Backbord besichtigt wird, ist unerheblich,
denn im wesentlichen gleichen sich die beiden spiegelbildlich. An Backbord, und
damit in Pantrynähe sind die Kühlschränke und vorne das Werkzeug
untergebracht.
An
Steuerbord geht es über eine Treppe in den Steuerbord-Rumpf, in dem eine
Achterkabine, eine Mittelkabine, vorne der Werkzeugraum und mittschiffs eine
Nasszelle untergebracht sind. Die Stehhöhe
beträgt übrigens auch in den Rümpfen durchwegs fast zwei Meter. Unter der
Treppe befindet sich eine der beiden Luken, die einen Not-Ausstieg,
beziehungsweise einen Not-Einstig gewährleisten sollen. Doch darüber haben wir
uns noch nie ernsthafte Gedanken gemacht. Ein Privilege-Eigner, dessen Hobby die
Fischerei ist, frönte durch diese geöffnete Luke seinem Steckenpferd.
"Ein Wohnzimmer zum Angeln - das war immer schon mein Traum ", meinte
er.
Die
Achterkabine bietet Platz für zwei Personen, die schon an die zwei Meter lang
sein dürfen. Kojenbretter oder Lee-Segel braucht es auch hier nicht, denn Lage
schiebt ein Kat nun mal nicht. Noch nie haben wir Schiffsbewegungen erlebt, die
einen Schlafenden umherrollen lassen hätten. In der abgeschlossenen Kabine
gibt
es einen Kleiderschrank - und das ist doch bemerkenswert - mit fast zwei
Metern Höhe Innenraum. Ob man in der Achterkabine oder mittschiffs besser
schläft, ist unter Carla und mir umstritten. Leiser ist die Achterkabine, weil
man hier im Rumpf - und nicht zwischen Rümpfen über den gischtigen Seen ruht.
Er
ist sogar dann leiser, wenn die Maschine, direkt unter den Betten, läuft. Sind
Carla und ich alleine an Bord, läuft bei Flaute die gegenüberliegende Maschine
allein, die bei weniger als 2000 RPM auch fünf Knoten bringt, während es bei
beiden Maschinen und gleicher Drehzahl 6 Knoten sind - bei doppeltem Verbrauch.
Die
Maschinen sind von außen, vom Heck her über eine Leiter erreichbar - und über
die Achterkabinen. Ein große schallisolierte Luke öffnet den Zugang zu der
40-PS-Maschine. Mit Vollgas erreicht die THALASSA übrigens 9,5 Knoten. Die
Maschinen sind in zweiter Linie als Stromerzeuger konzipiert, und zwar mit einer
60-Ampere-Lichtmaschine und einer 140-Ampere-Lichtmaschine. Als Generator-Ersatz
sozusagen. Allerdings mussten sie in dieser Eigenschaft selbst bei monatelangem
Aufenthalt am Ankerplatz bis jetzt nicht ein einziges Mal dienen, die Solarzellen sorgten dafür.
Diese genialen Sonnenlicht-Stromerzeuger brachten in den wenigen Monaten, in
denen Sie die THALASSA versorgen übrigens runde 1000 DM Einsparung - mit einem
Dieselpreis von 1,50 DM pro Liter gerechnet.
Bei
14 Meter 30 Gesamtlänge sind die beiden Rümpfe der THALASSA nicht nur die
"Schwimmer", sondern geben einen recht bequemen Innenraum ab. Blickt
man von der Achterkajüte an Steuerbord nach vorne, so erreicht man außen
(rechts) die Toilette mit Dusche, die sogar dank (serienmäßigem)
Wärmetauscher an der Maschine Warmwasser liefern würde. Aber danach hat bei 40
Grad Außentemperatur hier niemand Verlangen. Der Wärmetauscher wird übrigens
nicht zum Betrieb der Waschmaschine eingesetzt. Deren 220-Volt-Betrieb aus dem
Inverter setzt das Laufen beider Maschinen voraus. Zweckmäßigerweise wird der
Waschtag also auf einen Flautentag verlegt, der unter Maschine überbrückt
wird. Der Süßwasserverbrauch pro Trommel liegt bei 50 Liter Wasser, was bei
einer Tankkapazität von 600 Liter zu verschmerzen ist. Selbstverständlich
segelt die THALASSA, jedenfalls wenn keine Gäste an Bord sind, meist mit fast
leeren Süßwassertanks, denn Katamarane sind keine Freunde schwerer Beladung.
Außerdem könnte mit dem vorhandenen Watermaker jederzeit Süßwasser
nachproduziert werden, und zwar stattliche 30 Liter in der Stunde bei lediglich
8 Amperestunden Verbrauch. Um diesen Wert richtig einzuordnen: Steht die Sonne hoch, stehen manchmal 20 Ampere Ladestrom auf
dem Batteriecontroller.
Die
Mittschiffskabine bietet ebenfalls ein geräumiges Doppelbett
- über den
Wellen. Je nach Seegang kann es hier wegen der unten durchziehenden Wellen recht
geräuschvoll zugehen. Positiv ausgedrückt: Hier hat der Segler den
unmittelbaren Kontakt zum Seegang. Der Vorteil: Der Motor ist weit weg und hier
kaum noch zu hören. Also, alles ist ein Kompromiss oder Sache der Gewöhnung.
Ohropax ist jedenfalls nicht notwendig. Diese Mittschiffskabine mit zwei Meter
hohem Kleiderschrank ist übrigens ein gutes Beispiel für die Geschicklichkeit
der Architekten. Man hat das Gefühl, es ist soviel Platz vorhanden wie in einem
Hotelzimmer. Tatsächlich ergibt sich dieses Raumgefühl aus der Tatsache, dass
die Designer der Yacht wirklich auch jeden Zentimeter, der ihnen zur Verfügung
stand, ausgenützt haben. Man kommt schnell darauf, wenn man sich Gedanken über
eine etwas abgeänderte Inneneinrichtung machen würde. Es käme nichts
Vernünftiges dabei raus.
Sind
Gäste an Bord, wird die abgeschlossene Kabine von den Schenks bewohnt, schon
allein deshalb, weil das elektronische Herz des Schiffes, nämlich der Computer
und alle daran hängenden Spielsachen auf einem kleinen Tisch in dieser Kajüte
untergebracht sind. Die kleine autoradiogroße Konsole im Schreibtischdeckel ist
übrigens alles, was vom Amateur-Kurzwellensender zu sehen, nicht zu bedienen
ist. Der Computer steuert nicht nur den Transceiver, sondern auch den
Pactor-Controller (für Emails von hoher See aus) und das Handy über Nokia Data
Suite. Von diesem Computer aus wird diese Homepage fast täglich auf Vordermann
gebracht, werden Emails (über Handy) empfangen und gesendet, werden
Wetterberichte per Fernschreiben oder als Fax empfangen und wird letztlich auf
elektronischen Seekarten (C-Map) navigiert. Sogar Bücher und Video-Filme
soll(t)en hier produziert werden.
Und jetzt
das Wichtigste: Der hohe Lebenskomfort an Bord der THALASSA wird nicht etwa mit
lahmer Geschwindigkeit unter Segeln erkauft. Carla
und ich haben zwar erst ein paar tausend Meilen mit dem Katamaran gesegelt, aber
die bisher gezeigten Segelleistungen der Privilege
465 können sich wohl sehen lassen: In ein paar Tage durch die Biskaya, in
sechseinhalb Tagen mitten im Winter nonstop von Gibraltar nach Monastir (Tunesien) und in guten
sieben Tagen von Monastir nach Fethiye (Türkei), also in 13 Tagen quer durchs
Mittelmeer. Und das nicht etwa geprügelt von einer "harten
Männercrew", sondern von einem eher gemütlichen und defensiv segelndem
Zweierteam. Kein Wunder, ein Katamaran braucht ja auch nicht ein paar Tonnen
Blei rumschleppen.
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