Thalassas Shakedown-Cruise



Diese Kurzberichte, besser "Notizen", werden nach Möglichkeit (und Laune) nach oben hin fortgeschrieben und übers normale Handy (Nokia plus Software Data Suite)  übermittelt. Wer sich also für alles interessiert, sollte unten anfangen zu lesen.

27.9.2000 - its great to be afloat again

Den "Yachthafen" erkennen wir kaum wieder. Da, wo jetzt unser Liegeplatz in der Marina ist, war früher eine kleine Mini-Werft, in der John Nichols unsere erste THALASSA reparierte, damit sie auf die Weltumsegelung gehen konnte. John Nichols ist immer noch hier, wohnt mit seiner Frau Carol immer noch auf einem halbfertigen Schiff. Vor 30 Jahren haben wir John hier zum ersten Mal getroffen. Vor zwanzig Jahren wieder und vor 10 Jahren, als wir unser kleines einmotoriges Flugzeug auf die windige Landebahn neben unserem jetzigen Liegeplatz setzten, wieder. Die Nichols haben sich nicht geändert, die Typen hier nicht. An Steuerbord und Backbord nette Leute, die auf den riesigen hölzernen Booten wohnen, gar nicht dran denken, die Schiffe so weit in Schuß zu bringen, um wieder auszulaufen.

Wir machen eine Pause, bleiben hier, jedenfalls bis Weihnachten. Rüsten unser Boot fertig für die ganz große Reise. Ich besorge mir ein Brett, bohre vier Löcher rein, um eine Gangway zu bauen. Zufrieden blicke ich auf mein Werk. Da kann ich richtig erkennen, dass ich etwas geschaffen habe. Das kann ich von meinen Akten im Büro nicht immer behaupten. In Sheppards Shipchandlerey gäbe es auch eine Passarella zum Kaufen, aus Alu. Aber da bin ich zu geizig. Denn nach Gibraltar werden wir keine Gangway mehr brauchen. Die Ankerplätze werden unser "ständiger Wohnsitz" sein.

Carol, bekannte Meisterfotografin aus Gibraltar, kommt nochmals vorbei. Über Nacht hat sie für uns ein Gedicht geschrieben. Es trifft!

Afloat again

von Carol P.Nichols

 

Its great to be afloat again

To live upon the sea

It's great to breath the salt air

Its great to feel free

Its good to feel the movement

Of the boat beneath my feet

Its good to renew acquaintances and new friends to meet

It's nice to sit on deck again

And watch the sun go down

And speak to other yachties

As they return from town

It's nice to talk of places which other folk have seen

To share a drink to share a lough

To share a similar dream

 

Ende

 

26.9.2000 - zwischen Europa und Afrika

Immer noch Flaute oder schwacher Ostwind - zu wenig, um aufzukreuzen. Die verkehrsreiche Straße von Gibraltar ist nicht der richtige Platz, um sich rumtreiben zu lassen. Wir motoren. Um 0700 UTC Tarifa, der südlichste Punkt Europas, querab. Dann haben wir "the Rock" voraus. Wir beschließen endgültig, nach Gibraltar zu fahren. Am Vormittag haben wir es voraus. Wie oft waren wir schon hier? Fünfmal? Sechsmal? "Have You been before in Gibraltar, Caipten?", fragt Port Control über Kanal 16. Ja, aber es hat sich doch viel verändert. Wir müssen zunächst bei den Port Authorities anlegen. Es ist windstill und somit kein Kunststück, die THALASSA längseits an die Pier zu bringen. Schwieriger ist, Leinen auszubringen. Die Herren in ihren schwarzen Uniformen und weißen Hemden machen keine Anstalten, uns die Leinen abzunehmen. Ein Problem, denn der Freibord der THALASSA ist viel zu hoch, um auf die Pier zu springen. Endlich erbarmt sich ein junger Officer und wickelt die Vorleine zweimal um den Poller. Einen Knoten könne er nicht, meint er. Dann gehts in die Marina Bay, wo wir einen Liegeplatz für "einige Monate" möchten. 

20.9.2000 - unter Vollzeug nach dem Süden

Am frühen Morgen Capo de San Vincente (Südwest-Ecke Europas) querab. Ruder Backbord - Richtung Mittelmeer. Vormittag wird "berechnet", dass wir Gibraltar morgen nicht untertags erreichen würden. Nachts in Gib einlaufen, das muss nicht sein! Deshalb ändern wir den Kurs auf Villamoura für einen Zwischenstopp. 30 Meilen sind es dorthin, unter Maschine wegen der Flaute also 5 Stunden.

Gegen 11 Uhr wieder Delfine - das gleiche Spiel wie vor ein paar Tagen. Ein halbe Stunde schwimmen sie vor uns her. Dann kommt doch noch ein Hauch Wind auf. Zum ersten Mal setzen wir unseren Spinnaker. Ganz schön viel Arbeit für Carla und mich, die nahezu 200 Quadratmeter hoch-, vor allem aber wieder runterzubringen. Aber mit 6 Knoten (bei höchstens 10 Knoten Wind!) entlohnt uns das gute Stück! 

19.9.2000 - unter Vollzeug nach dem Süden

Wetterbericht sagt 4 Bft aus NW voraus. Das müssen wir ausnützen. Also geht es noch vor dem Frühstück los. Eine ruppige See erwartet uns. Nachdem wir die Segel oben, laufen wir bei 15 Kts Wind immerhin runde 7 Kts. Brist der Wind auf 20 Kts auf, steigt das Speedo auch mal auf 9 Kts. Jetzt - 1030 Utc - liegt Lissabon 30 sm voraus.

Am Nachmittag wirds dann richtig ruppig, bis zu 30 Knoten und in der Tejomündung eine recht konfuse See. Speedo zeigt schon mal 10 Knoten. Das neue für uns ist der Krach. Wenn eine See sich den Weg zwischen den Rümpfen durchsucht und dabei überkippt, hört sich das an, wie ein Böllerschuß. Gewöhnungsbedürftig. In der Achterkajüte hört man den Lärm etwas abgeschwächt.

Manchmal bebt das ganze Schiff. Unglaublich, dass eine Yacht so was auf Dauer aushält. Muss aber wohl so sein, sonst würde die Werft nicht 10 Jahre Garantie auf das nach ihren Angaben unsinkbare Schiff geben. Runde 350 Schiffe haben sie in 15 Jahren gebaut, 350 mal ist es gutgegangen, also muss was dran sein.

17.9.2000 - Nebel, Nebel

Dichter Nebel, die ganze Nacht. Den Masttopp, auf dem ich zur zusätzlichen Sicherheit ein Stroboskoblicht blitzen lasse (hilft zwar auch nichts, beruhigt aber ein wenig), kann ich kaum erkennen. Bleibt nur die Glotze, das Radar. Zu Hause ist das Programm schöner, aber nicht so spannend. Gelegentlich bilden sich in unmittelbarer Schiffsnähe erst deutliche, aber unübersehbare Echos. Kleine Fischerboote? Kähne? Aber doch nicht so weit draußen! Gegen Vormittag lichtet sich der Nebel und ich hab wieder so ein Nahecho auf dem Furuno-Schirm. Jetzt kann ich die Ursache 100 Meter querab gut erkennen: Vielleicht ein Dutzend Vögel auf einem Kreis von 30 Meter. Die werden es auch nicht alle Tage erleben, dass ihnen ein Schiff ausgewichen ist. Wir sehen keinen Sinn mehr in der Motorerei durch den Nebel. Gehen wir nach Peniche, kurz vor Lissabon!

16.9.2000 - gen Süden

Die Überraschung in der Morgenstunde: Der Autopilot (Robertson) lässt sich nicht einschalten. Zurück? Wirklich nicht, für was haben wir die Windpilot, die geht auch unter Maschine. Funktioniert gut. 180 Grad soll er halten, er schwankt zwischen 170 und 190. Ein kleines Wunder! Eine gute Hilfe bei der totalen Flaute, die hier draußen herrscht. Nachmittags besuchen uns Delphine. Sie scheinen es gerne zu haben, zwischen den Rümpfen zu schwimmen. So nahe sind wir in unserer Monozeit an diese freundlichen Tiere nie herangekommen zu sein. Vielleicht sind sie Kat-Fans?

Porto querab.

Ich suche nach der Ursache für den Ausfall des Robertson. Scheint kein Problem des Autopiloten zu sein (er kriegt keinen Strom), sondern vielleicht der Schalttafel oder einfach eine rausgeflogene Sicherung. Die Schalttafel ist "hinten" hochmodern, viele Computerleitungen (Flachband) gehen raus und rein. Da gibt es nichts zu schrauben oder zu löten. Mit Hilfe der ausgezeichneten Unterlagen zur Bordelektrik (leider nur in Französisch) finde ich schließlich die Verteiler im Gang zur Achterkabine BB. Aber ich trau mich da nicht ran, auch wegen der manchmal doch recht heftigen "Rüttel"-Schiffsbewegungen in der flautigen Dünung. Und im übrigen - toi, toi - der Windpilot zusammen mit dem Simrad-Pinnenpiloten steuert das riesige Schiff ausgezeichnet. Also warten bis zum nächsten Hafen.

15.9.2000 - Ruhe

Alle Wettervorhersagen sprechen nur von lahmen Winden. Da rentiert es sich nicht, rauszufahren. Mittags ruft Günter von der Pusteblume auf dem Handy. Sie haben auch keinen Wind, stehen vor Menorca. Günter unterrichtet mich, wie man eine Message auf dem Handy verfasst. Man muss immer dazulernen.

11.9.2000 - Biskaya hinter uns

Heute liegt die Biskaya, dieses Mal ein windmüdes Revier, schon hinter uns. Position, jetzt 10.00 UTC: Kap Orzegal (das ist da, wo es links um  die Ecke nach unten geht). Dazwischen Flauten und gestern der erste Ölwechsel nach 40 Stunden. Richtiger: Zwei Ölwechsel, Backbord und Steuerbord. Auch wenn Flaute ist: Die Atlantikdünung macht so was schwierig, vor allem, den Ölstand einzupendeln. Gegen Abend kommt dann etwas Wind auf.

 

Der Tipp mit "Datenkabel" am Radar war goldrichtig. Ich schraube die Wand in der Navigationsecke auf, und siehe da, auf der Radarrückseite sitzt ein großer gummierter Stecker schief. Das Radar läuft. Nun ist es wieder eine Reise, kein Abenteuer. Ich verstehe nie, wie ein Segler auf's Radar verzichtet, wenn er es sich strom- und platzmäßig leisten kann. Radar erhöht die Sicherheit ungemein, jedenfalls mehr als Windlupe, Leinencutter, und ähnliche Spielzeuge.

Das Segelsetzen bereitet keine Schwierigkeiten. Wir benutzen die Ankerwinde, besser "Capstan", zum Großsegelsetzen. Ich kann das riesige Groß auch mit der Hand hochkriegen, bis fünf Meter vor dem Ende der Fahnenstange. Dann brauche ich die Fallwinde, für den letzten Meter den 2.Gang. Aber, wie gesagt, gemütlicher geht es mit  Knopfdruck. Carla bedient die Winde vom Cockpit auf Zuruf aus, ich stehe 5 Meter neben der Winde und kontrolliere so den Lauf des Falls und gleichzeitig das Groß, welches genau im Wind stehen muss. Die Rollgenua ist sowieso kein Problem. Das Cockpit braucht hierfür nicht verlassen  zu werden.

Was wir, vor allem in der Nacht, ohnehin nicht gerne tun. Carla und ich haben verabredet, dass niemand aus dem Cockpit rausgeht, wenn nicht der zweite "Mann" oben ist. Zwar sind die Bewegungen des Kats, auch in der Atlantikdünung, viel  , viel ruhiger als auf unserem früheren Mono, doch sind die "Fallräume" viel weiter. Früher hatten wir grundsätzlich in Griffnähe immer irgendwas zum Festhalten, jetzt müssen wir danach suchen. Ein großes Schiff hat nicht nur Vorteile.

Nachts müssen wir das Groß wegnehmen, was schwieriger als das Setzen ist. Denn zum Auftuchen - bei der Steifheit des Großsegels spricht man besser vom "Aufblechen" - muss ein Mann aufs Bimini steigen, sonst kommt man an die Baumnock gar nicht ran. Logisch, dass hier sorgfältig mit dem Bullenstander gearbeitet werden muss, denn wehe der Baum gerät außer Kontrolle, während jemand oben in stockfinsterer Nacht sich wegen des besseren Halts auf ihn lehnt. Alles in Allem: Gewöhnungsbedürftig. Wie jemand das auf diesem Schiff ohne Bimini (Option) machen will, ist mir rätselhaft.

10.9.200 - Kein Radar

Obwohl wir uns bei der Werft rund einen Monat aufgehalten haben, bin ich nicht dazugekommen, das Schiff in allen Details zu testen. So ist die (unangenehme) Überraschung groß, als wir feststellen, dass das Radar keine Echos bringt. Oder ist es tatsächlich so unempfindlich? Aber Furuno wird doch von allen Fischern benutzt und geschätzt. Wir brauchen auch das Radar jetzt nicht, mit Nebel ist ja bei dieser Wetterlage nicht zu rechnen. Aber ich vermisse trotzdem was. Nach wie vor halte ich Radar für die wirkungsvollste Elektronikhilfe an Bord. Jedes Manual, auch das vom Furuno, hat eine Troubleshootingliste. Aber, komisch, das beste, was ich üblicherweise für "meine" Fehler darin finde, ist: "Wenden Sie sich an einen qualifizierten Fachmann". Dieses Mal: "Checken Sie das Datenkabel!"

9.9.2000 - Leinen los

Am strahlenden Sonntag, den 9.9.00 läuft die THALASSA aus Les Sables d'Olonne endlich aus. Vor uns liegt die Biskaya, wahrlich ein gefürchtetes Segelrevier. Aber das ist nur Statistik.

Aus dem Internet (wetteronline.de), wo sonst, werden die letzten Wetterberichte geholt. Alles Sonnenschein.

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