Die Circumnavigators - Who is Who im Weltumsegeln(40)


VERA

Schiffsname: VERA

Crew: Britta, 40 und Michael, 43

Berufe:   Biochemikerin und Architekt
 Nationalität:   Deutsch

Schiffstyp und Größe:

Nautors Swan 47, LOA: 14,57 m, B: 4,19 m, T: 2,40 m; Verdrängung 15t; Design: Olin Stephens, S&S - Werft: Nautor, Pietarsaari, Finnland - Baujahr: 1976. Wasser: 400L Diesel: 200L

Route der Weltumsegelung : 

2006: Mittelmeer, Gibraltar, Kanaren, Antigua, dann hinunter bis Grenada.
2007: Venezuela, Bonaire, San Blas, Panamakanal, Galapagos, Marquesas, Tuamotus, 
Society Islands, Suwarov, Tonga, Neuseeland.
2008: Neuseeland, Minerva Reef, Fiji, Vanuatu, Huon Reef, Torres Strasse, Ashmore Reef, 
Bali, Borneo, Singapore, Malaysia, Thailand.
2009: Malaysia, Malediven, Oman, Yemen, Eritrea, Sudan, Ägypten, Türkei, Griechenland
 

Zehn Fragen an die Weltumsegler

1) Wart Ihr a) mit dem Schiff zufrieden, b) was wäre Euer Traumschiff?

a) In beinahe jeder Beziehung. Grosse Pluspunkte der alten Swans sind unbedingte Seetüchtigkeit, angenehmes Seeverhalten, großzügig dimensionierte Struktur und Hardware, die sich einfach bedienen lässt. Dazu Geschwindigkeit, unserer Meinung nach ein großer Sicherheitsgewinn. Durchschnittsetmal im Atlantik und Pazifik jeweils knapp 180sm, einzelne Etmale regelmässig über 200sm, alles ohne das Boot wirklich zu fordern. Auch bei Leichtwind und hoch am Wind schnell. Geringer Dieselverbrauch. Der Tiefgang von 2,40 m war nie ein Problem und nicht zuletzt dadurch lässt es sich bei schwerem Wetter sicher und erträglich aufkreuzen. Das Boot liegt allein unter Sturmfock sauber bei. Durch das Achtercockpit und den kurzen IOR Baum ergibt sich wie selbstverständlich ein großes Bimini darüber, mit ausreichend unverschattetem Platz für die (aus unserer Sicht unbedingt erforderliche) große Solarzellenbank. Man kann das RIB Dinghi (bis ca. 3m) aufrecht und mit montiertem Motor griffbereit und sicher auf dem glatten Vordeck fahren, nicht schön, aber praktisch. Keine Davids erforderlich. Sehr gesundes Preis-Leistungsverhältnis, wenn man einige Eigenleistung nicht scheut. Man bekommt hier wirklich einen reellen Gegenwert. Auch optisch ein Traumboot, das jede Mühe und gelegentliche Investitionen belohnt. Schließlich bringt es viel mehr Spaß, an einem schönen Boot herumzuschrauben. Nachteile: Wenig Stauraum, wenig Windschutz im Cockpit, geringe Tankkapazitäten (200L Diesel!?), rollt gelegentlich am Ankerplatz, viele Strippen, viel Kletterei, z.T. schwer erreichbare Technik, unpraktisch als Tauchplattform, aber das alles hält einen schließlich fit. Gute Infos unter: www.classicswan.org, gebrauchte Swans u.a. unter www.yachtworld.com....

b) Wir suchten zunächst ein Boot um 38 Fuß und kauften dann für unsere Verhältnisse viel zu groß. Zum Glück. So werden wir die VERA mit Freuden langfristig behalten und für die nächste große Reise ausrüsten. Wären wir allerdings wirtschaftlich wirklich unabhängig, hätten wir kaum Bedenken noch ein wenig größer zu werden. Mehr Zuladung, Tankkapazitäten, Platz, Bequemlichkeit, noch mehr Geschwindigkeit würden wir gerne nehmen, die Technik jedoch so einfach halten, wie auf unserer VERA, also unbedingt reichlich Solarpaneele für Stromerzeugung, keinen Generator. Traumschiffe wären für uns u.a.:

- Nautors Swan 59, Frers, 1985-1991
- Nautors Swan 65, S&S (möglichst Sloop getakelt), 1971-1981
- und dann fürs Altenteil: Unsailboat FPB 83, Steve Dashew

Dann jeweils am liebsten in gutem Pflegezustand, von dem aus man aufbauen kann. Den reinen Wert- bzw. Zustandserhalt würden wir uns in Eigenleistung zutrauen.

2)Jährliche Kosten für a) Lebensunterhalt, b) Schiffsunterhalt?

a)  Lebensunterhalt

12.000,- € pro Jahr über die 3 Jahre gemittelt, davon:
- Lebensmittel und täglicher Bedarf ca. 3500 € pro Jahr
- Krankenversicherung + Gesundheitskosten ca. 3300 € pro Jahr
- Brennstoffe ca. 900 € pro Jahr
- Kommunikation ca. 800 € pro Jahr
- Essen gehen, Unterhaltung, Ausflüge, Reisen, Tauchen + sonstige Extras ca. 3500 € pro Jahr

b) Schiffsunterhalt?

13.000,- € pro Jahr über die 3 Jahre gemittelt, davon:
- Bootsversicherung Vollkasko im Durchschnitt ca. 5000 € pro Jahr (Pazifik, Indik und Rotes Meer extrem teuer)
- Wartung und Investitionen ca. 6000 € pro Jahr (meist Eigenleistung, also reine Materialkosten)
- Gebühren, Liegeplätze, Visa, Permits incl. Panama- bzw. Suezkanal ca. 2000 € pro Jahr

3) Welche Ausrüstungsgegenstände haben sich a) gut bewährt, b) welche machten Ärger?

a)  - Volvo Penta MD31A, 62PS, Baujahr 1991. Der läuft und läuft und läuft. Hat uns nie im Stich gelassen. Laut Motorentechniker nach Wartung in NZ bei weiterhin guter Pflege gut genug für die nächsten 20 Jahre.
- Durchgelattetes Groß und 120% Genua aus schwerem Polyant Hydranet, Baujahr 2002 bei Jose Tatel auf Gran Canaria. Schlicht unzerstörbares Zeug. Keine nennenswerten Schäden bisher. Man sieht ihnen die ca.40.000sm nicht wirklich an. Vielleicht ein wenig voll inzwischen. Fahren wir aber mit Freuden noch einige Jahre. Ideale Passatbesegelung aus unserer Sicht: Groß (mit Preventer) und ausgebaumte Genua. Schnell und immer gut an die Verhältnisse anzupassen. Die Genua und das durchgelattete Groß auf Harkenrutschern mit Lazyjacks lassen sich auch in schwerem Wetter und platt vor den Laken reffen. Einziger unbedeutender Nachteil: Halsen ist mühsam und dauert seine Zeit. Bei Leichtwind nehmen wir gelegentlich einen Genacker zu Hilfe, dann meist auf einem Spibaum, damit man tiefere Windwinkel fahren kann.
- Solarpaneele SUNPOWER SRP90, 4 Stück, zusammen 360W auf dem Bimini montiert. Diese Solarpaneele erzeugen praktisch den gesamten benötigten Strom an Bord, incl. 2xKühlschrank (liefen nur tagsüber, Nachts Kühlung über Holding Plates), Licht, Rechner, 1h Wassermacher/Tag etc., lautlos und ohne jede Wartung (vom gelegentlichen Abspülen der Glasfläche abgesehen). Die Batteriebank (AGM, 480Ah) hatte kaum jemals weniger als 12,6 Volt, wurde nie tief entladen und zeigt nach vier Jahren immer noch den besten Teil ihrer Kapazität. Auf Passagen verwendeten wir zusätzlich einen Schleppgenerator (Ampair, 100W), der den zusätzlichen Strombedarf des Autopiloten in etwa ausgleicht. Eigentlich lief der Motor nur bei Ankermanövern, oder bei Flaute. In den Tropen und gemäßigten Breiten ist Photovoltaik die sinnvollste Stromversorgung. Und eines muss einmal gesagt werden: Es gibt kaum etwas nervtötenderes an beschaulichen Ankerplätzen als jaulende oder zischelnde Windgeneratoren und blubbernde Dieselmotoren bzw. –generatoren auf benachbarten Ankerliegern!
- Wassermacher ECHOTEC 12V, 30L/h. Einfache, zuverlässige Technik, sehr schön verarbeitet.
- Navman Kartenplotter und C-Map NT+
- aktiver Radarreflektor RASMUS MK II (hält einem die Dickschiffe recht zuverlässig vom Hals).
- IRIDIUM mit Datenadapter zum PC und Außenantenne, Skyfile software, GRIB files von www.saildocs.com, siehe Erfahrungsbericht.

b)  - Navigationsinstrumente; sprödes Plastik, nach wenigen Monaten Risse in fast allen Gehäusen und dann nicht mehr wasserdicht. Ungenügende Funktionalität. Zum Totärgern und gefährlich: Drahtlose Fernbedienung schaltet den Autopiloten aus, wenn die Batterie alle ist. Kein Aus-Schalter oder Anzeige für den Ladezustand. Ganz schlimm: Der so genannte Customer support!
- Schleppgenerator, umbaubar auf Wind. Teuer und laut. Umbauen ist hakelig und dauert viel zu lange. An den Rotorblättern reißt man sich GFK Splitter in die Finger. Die Lagerung des Generators ist ungenügend. Lager müssten andauernd (alle 2000sm!?) gewechselt werden. Das aber ist sehr mühsam und nur mit teurem Spezialabzieher oder mit Metzgermethoden zu machen. Da muss sich unbedingt mal jemand etwas besseres ausdenken: Am liebsten wartungsfrei und umgebaut in 5 Minuten, dazu leistungsstark und formschön.
- unser teures Fernglas, made in Germany. Gummihülle wird nach kurzer Zeit furchtbar klebrig, integrierter Peilkompass auf der Südhalbkugel unbrauchbar.
- sämtliche Computer an Bord. Totalausfälle: 3 Stück PCs (2x Bildschirm, 1x Festplatte), 1 Motherboard, 1 Laptop (Festplatte)...

4) Welche zusätzlichen Ausrüstungsgegenstände hättet Ihr Euch gewünscht?

Wir hatten wirklich alles Nötige und mehr. Na ja, ein paar Dinge fallen uns doch ein:

- Einen zweiten, gleichwertigen elektrischen Autopiloten, dann mit Gyrosteuerung. Gibt mehr Redundanz, falls ein Gerät mal ausfällt. Und bloß nicht von RAYMARINE!
- Aktives AIS, evtl. besser gleich Class A, incl. Plotter, der AIS darstellen kann.
- Grosses Code 0 Vorsegel auf fliegender Rollanlage.
- Gut funktionierender Bergeschlauch für den Genacker.
- vorausschauendes Echolot.

5) Welche Versicherungen hattet Ihr a) für Euch, b) fürs Schiff?

a) Krankenversicherung Britta, Anwartschaft Krankenversicherung Michael, Auslandskrankenversicherung für beide.

b) Haftpflicht, Vollkaskoversicherung (teuer!)

6) Was waren für Euch a) die besten Plätze, b) die schlechtesten Plätze?

a) La Graciosa - Kanaren, English Harbour – Antigua, Los Testigos – Venezuela, San Blas – Panama, Galapagos, Fatu Hiva – Marquesas, Moorea – Society Isl., Toau – Tuamotus, Suwarov – Cook Isl., Neiafu – Tonga, Opua und Whangarei - Neuseeland, Yasawas – Fiji, Vanuatu, Kumai – Kalimantan, Sudan. Insgesamt war es für uns jedoch der Pazifik, dann der Pazifik und dann der Pazifik.

b) Gab es eigentlich nicht. Aber Aegypt sucks.

7) wurden Eure Erwartungen erfüllt?

Zu 100%.

8) Was würdet Ihr beim "nächsten Mal" anders machen?

Man bräuchte mehr Zeit. 5 Jahre zumindest. Traumroute: Kanaren, Karibik, Brasilien, Argentinien, Chile, dann mehrere Jahre im Pazifik evtl. mit einer Runde über Japan, Aleuten, Alaska, Westküste USA. Zurück über Südafrika und noch mal Karibik, evtl. dann Nordeuropa. Mehr Zeit zum Tauchen nehmen.

9) Schlimmste Erlebnisse?

Gab es eigentlich nicht, nur gelegentlich die gerechte Strafe für diesen traumhaften Lebensstil. Beispiel:

Die Entscheidung von Tonga, dem Paradies abzusegeln war hart. Schwarze Wolken hingen am Himmel, starker bis stürmischer Ostwind und strömender Regen. Die meisten anderen Boote verschieben den Absprung nach Neuseeland. Und es wurden harte Tage auf See. In der dritten Nacht fiel das Baro um 5 m.bar in 2h auf 996 m.bar. So gegen 22.00 drehte der Wind auf Süd und ging auf über 50kn hoch. Zu dem Zeitpunkt hatten wir nur eine Sturmfock oben und das doppelt gereffte Groß. Das musste nun aber ganz schnell weg. Draußen war der Teufel los. Pechschwarz, fliegendes Wasser, Seewasser und peitschender Regen waagerecht über Deck, infernalisches Heulen im Rigg und das Groß knatterte am Mast wie ein Maschinengewehr. Furchterregend, aber wir bekamen das Segel trotz weicher Knie herunter und festgebunden. Frierend im sicheren Cockpit nehmen wir plötzlich starken Treibstoffgeruch war. Überall riecht es nach Sprit, auch unter Deck. Ist einer der Dieseltanks leckgesprungen und ergießt sich nun in die Bilge? Ich muss mich übergeben und bekomme es mit der Angst zu tun. Was ist, wenn wir es unter Deck nicht mehr aushalten können? Und auf Deck? Eiskaltes Wasser fliegt heran und die Luft ist auch nicht viel wärmer. Das hält man nicht lange durch. Nach einiger Suche finden wir das Problem. Der Benzinkanister in einer der Backskisten ist umgefallen und der Deckel undicht. Zum Glück verfliegt der Benzingeruch bald und wir können in die Koje gehen, während das Boot unter Sturmfock und Autopilot dahinfliegt, Kurs W. Alle 15 Minuten ein Rundblick reicht hier draußen aus. Zum Glück dreht es bald zurück auf Ost, so dass wir wieder einigermaßen Südkurs laufen können. Umkehren geht nicht, das brächte uns direkt unter das heranziehende tropische Tief. Der nächste Tag ist reines Vegetieren. Wir bringen kein Essen runter, kochen könnte man bei dem Tanz eh nicht, auch keinen Tee. An einigen Stellen tropft es nervtötend durch die Decke. Kein Wunder, denn oben ergießen sich wirkliche Wassermassen über das Schiff. Alles ist kalt, klamm und feucht. Wir sind beide seekrank und kotzen abwechselnd. Als der Wind etwas nachlässt setzen wir wieder das doppelt gereffte Groß. Nur voran! Der Gedanke an Fish and Chips und einen heißen Cafe vor der Kulisse grüner Hügel im Hafen von Opua ist jetzt Motivation genug und das fette Hoch voraus bekommen wir morgen zu fassen. Noch 500 Seemeilen...

10) Wie geht Euer Leben weiter?

Zurück in ein bürgerliches Leben. Geld verdienen für die nächste große Reise. Die VERA lassen wir zunächst im Mittelmeer liegen, schrauben im Winter daran herum und segeln im Sommer einige Wochen. In den nächsten Jahren evtl. auch mal Portugal oder gar nach Schottland und dann mittelfristig bis hinauf nach Norwegen.

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