Zehn Fragen an die Weltumsegler
1) Warst Du a)
mit dem Schiff zufrieden, b) was wäre Dein Traumschiff gewesen?
a) Sehr - wir hatten auf unserer gesamten Reise uneingeschränktes
Vertrauen ins Schiff und zu keinem Augenblick das Gefühl, an Grenzen
zu stoßen. Natürlich ist es kein "Cruiser-Racer", sondern eine solide
Tourenyacht mit einem für Passatrouten optimierten Rigg und einer
Verdrängung (30 Tonnen), die für Langfahrt ausgelegt ist (das Schiff
schwimmt - voll ausgerüstet - genau auf seiner
Konstruktionswasserlinie). Bei einer CWL von 15 ½ m und - mit
2-köpfiger Crew - eher defensiven Segelweise erreichen wir unter
normalen Passatbedingungen Etmale von 160 bis 170 Seemeilen und sind
damit völlig zufrieden; unser höchstes Etmal betrug 200 Seemeilen.
Zwei wichtige Designanforderungen, die erfüllt sind: Angenehmes
Seeverhalten und gute Kursstabilität/Steuereigenschaften
(Selbststeuerung unter allen Wind- und Seegangsbedingungen ist bei
kleiner Crew existentiell!).
b) was wäre Euer Traumschiff?
Das, welches wir haben - vielleicht sogar einen Meter länger, jedoch
nicht für zusätzlichen Lebensraum, sondern mit größerer Vor- und
Achterpiek (inzwischen fahren wir nämlich drei Staukisten an Deck,
wovon zwei zugleich als bequeme Hecksitze dienen). Aber mit derartigen
Überlegungen vertun wir keine Zeit; viel wichtiger ist das
Bewusstsein, dass ein gutes Schiff die Freude an der Reise erhöht,
letztlich aber nur Mittel zum Zweck ist, nämlich neue Gewässer, Länder
und Kulturen kennenzulernen, und dass wir diesen Traum bereits heute
leben dürfen.
2) Jährliche
Kosten für a) Lebensunterhalt, b) Schiffsunterhalt?
a) 10.000 EUR (ohne Überseeflüge und
Reisekosten an Land)
b) 50.000 EUR Etwa 60% davon entfallen auf Reparatur,
Instandhaltung (inkl. 1x Kranen pro Jahr) und Ersatz; nicht berücksichtigt
sind Ausgaben zur Verbesserung über den ursprünglichen Zustand hinaus - wir
haben einfach Freude an einem Schiff, das heute „besser ist als neu“. Diese
Arbeiten vergeben wir überwiegend fremd. Wer viel selbst macht, könnte in
diesem Bereich leicht die Hälfte sparen. Die übrigen Posten betreffen im
wesentlichen Bootsversicherung (siehe unten), Liegekosten, Diesel und
Kommunikation.
3) Welche Ausrüstungsgegenstände
haben sich
a) gut bewährt,
- Elektrische Lewmar-ST-Winschen (wichtig: großzügig
dimensionieren; wir haben z.B. 77er Primärwinschen) - Hydraulische
Reckmann-Reffanlagen für beide Vorsegel und Groß (In-Mast) - Hydraulische
Ankerwinde Muir VRC 4000 (passend zum Ankergeschirr, das gegenüber GL etwa
50% überdimensioniert ist; Hauptanker Manson Supreme 70 kg mit 13
mm-Duplex-Kette) - Zentralhydraulik von Bosch Rexroth - Autopilot
Simrad AP 28 / AC 42 mit Antriebseinheit Jefa 300 Nm 24 V (integriert in die
mechanische Getriebesteuerung) - AC-Wassermacher Purewater „NO FRILLS”
1000 (GPD) - Generator Northern Lights 10 kW - Monokinetische
Gelenkwelle mit Drucklager, vorne an die Hauptmaschine (Yanmar 4LHA-DTP)
angeflanscht, die zwei 24V/110 A-Alternatoren und eine Lenzpumpe antreibt
(Konzept/Ausführung: Greetsieler Marine Elektronik) - 12
Traktions-Gelbatterien (Mastervolt/Sonnenschein) 2V/1000 Ah (nach 9 Jahren
noch okay) - Warmwasserheizung Webasto Waterstation DBW 2010 (ausgelegt
für Dauerbetrieb) - Inmarsat FBB 250 (Thrane & Thrane) - Furuno AIS
Class-A Transponder / 4 kW-Radar (Radom) b) welche machten Ärger?
- Sea Marshall SARfinder 1003
(VHF-Peiler; Antenneneinheit nach kürzester Zeit völlig korrodiert; ersetzt
durch AIS-MOB PLB’s) - 24 V Wassermacher Village Marine Little Wonder LWM
400 (DC-Motoren defekt); nach zwei Jahren ersetzt durch AC-Modell (siehe
oben)
4) Welche zusätzlichen
Ausrüstungsgegenstände hättet Ihr Euch gewünscht?
Keine. Im Augenblick sind wir eher dabei, Ausrüstung,
die mehr als ein Jahr nicht benutzt wurde, von Bord zu nehmen (z.B. die
nie genutzte Windsteueranlage). Betrifft natürlich nicht die
Sicherheitsausrüstung und Ersatzteile.
5) Welche
Versicherungen hattest Du a) für Dich, b) fürs Schiff?
a) Auslandskrankenversicherung
(abgedeckt durch unsere normale Krankenversicherung). Mindestens genauso
wichtig: Abdeckung der Rückführkosten bei schwerer Erkrankung/Unfall; wir
kennen zwei Fälle, wo dies zu fast existentiellen Belastungen führte, weil
Fluglinien den regulären Transport verweigerten.
b) Pantaenius Haftpflicht und Kasko (noch nicht in Anspruch
genommen)
6) Was waren für
Euch a) die besten Plätze, b) die schlechtesten Plätze?
a) Inzwischen bevorzugen wir die etwas höheren Breiten und die
nicht ganz so ausgetretenen Pfade: Nova Scotia, Patagonien. In den Tropen: San
Blas-Inseln, den (ursprünglicheren) westlichen Südpazifik, insbesondere
Ha’apei (Tonga), Fidschi (die kleineren Inseln, z.B. die Lau-Gruppe), Vanuatu,
Louisiaden (PNG). Als besonders lohnend haben wir den Abstecher nach Nova
Scotia/an die US-Ostküste während der Hurrikansaison in der Karibik empfunden
(als Alternative zu Trinidad/Tobago, ABC-Inseln; heute schon wegen deren Nähe
zu Venezuela).
b) In den Solomons haben wir uns das
einzige Mal auf unserer Reise an einem Platz (nahe der Marovo-Lagune)
belästigt/unsicher gefühlt; hier muss man sich vor Ort (z.B. in Honiara oder
Gizo) über die aktuelle Situation informieren. In unangenehmer Erinnerung
auch der Ankerplatz bei Isla Linton/Panama: eine Ansammlung von
heruntergekommenen Schiffen (und Skippern), von denen man ahnte: Die
schaffen es nie weiter nach Westen. Sonst können wir uns wirklich an keine
schlechten Plätze erinnern.
7) wurden Eure Erwartungen erfüllt?
Uneingeschränkt
8)
Was würdest Ihr beim "nächsten Mal" anders machen?
Grundsätzlich nichts. Südostasien war
hochinteressant, jedoch kein ideales Segelrevier (hoher Motoranteil) –
einmal aber völlig okay und sogar jedem zu empfehlen: Flores, die
Komodowarane auf Rinca, die Orang-Utans auf Kalimantan, selbst das
touristische Bali; auch Singapur sowie George Town/Penang und Langkawi in
Malaysia haben uns sehr gefallen, während Thailand – pardon – unter dem
Strich die bekannten Vorurteile überwiegend bestätigt hat.
9) Schlimmste
Erlebnisse?
Auch nach längerem Überlegen: Es gab unbequeme, sogar
unangenehme, manchmal auch herausfordernde Situationen – aber nichts, was
annähernd das Attribut „schlimm“ verdient. Bedrohlich vielleicht eine
stürmische Nacht in der „Mausefalle“ vor Porvenir/ San Blas mit – auf
nacktem Fels - slippendem Anker (hätten wir heute vermutlich von vornherein
vermieden). Unangenehm jeweils eine heftige Gewitternacht auf See vor den
Solomons und in der Malakka-Straße. Eine Nebelfahrt vor Nova Scotia. Den
einzigen echten Sturm auf offener See hatten wir östlich von Feuerland
(einen halben Tag vor Erreichen von Isla de los Estados); grünes Wasser im
Cockpit (knöcheltief) nur einmal südlich von Madagaskar. Das war’s dann
aber auch schon. In der Zeit vor ALUMNI: Wir waren während des Tsunamis
2004 auf einem Charterboot in der Phang Nga Bay.
10) Wie geht Dein Leben weiter?
Glücklicherweise
gibt es noch viele weiße Flecken auf unserer Seekarte: In den nächsten
Jahren wollen wir uns den Nordpazifik vornehmen - Japan, die
nordamerikanische Westküste und Zentralamerika. Irgendwann wird es uns
dann in heimatliche Gefilde ziehen, wobei Nord- und Ostsee mehr reizen als
das Mittelmeer, das wir von vielen Charterurlauben gut kennen.
Zwischendurch fühlen wir uns immer wieder in unserem Heimatrevier, dem
Baldeneysee in Essen und unserem dort ansässigen Segelclub YCRE, gut
verortet. Wir wagen mal zu behaupten, das Deck eines Kreuzfahrers werden
wir erst betreten, wenn wir nicht mehr ohne fremde Hilfe an Bord von
ALUMNI kommen. Hoffentlich dauert dies noch ein paar Jahre.Über
unsere Reise berichten wir in unserem Blog sy-alumni.de.
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