Trick-Siebzehn (142)


Dieser Trick rettet im Sturm - vielleicht!

Über die richtige Sturmtaktik gibt es Dutzende Bücher, und tausende Artikel. Die meisten haben eines gemein: Die Verfasser sind wahrscheinlich noch nie in eine solch bedrohliche Situation geraten. Und deshalb gibt es auch kein 100-prozentig richtiges Rezept zum Überleben einer Yacht im Sturm.

Bei kritischer Betrachtung stellen wir fest, daß fast ausnahmslos Theorien empfohllen werden, die richtig sein können(!) - oder auch nicht. Sie reichen von "Treiben unter Beiliegen", "vor dem Wind ablaufen" bis "unter kleinem Segel gegenan gehen". Letzteres Rezept gehört bestimmt in die Rubrik "graue Theorie". Nein, in einem voll ausgewachsenen Sturm (in der Realität relativ selten) gegenan zu gehen, ist wohl der gefährlichste - Ratschlag. Man braucht sich nur die verschiedenen Videos auf Youtube von "richtigen" Stürmen - zum Beispiel hier - ansehen, dann vergeht einem schon beim Zuschauen der Appetit auf ein Gegenankämpfen im Sturm.

Vielleicht hilft auch das zur Entscheidung des "richtigen" Manövers, was jeder mal im Sturm ausprobieren kann: Man werfe bei schwerem Wetter abwechselnd einen Blick nach vorne in die entgegenkommende Gischt oder gar in "grünes Wasser" und schaue dann nach achtern in die fast glatt gebügelte See, dann beantwortet sich die Frage von selbst, ob man gegen die anrollende See andampfen möchte, gleichgültig ob unter Sturm-Segel oder gar Maschine. Und was bei solchen Diskussionen immer mal wieder vergessen wird: Der Unterschied zwischen "Gegenan" und "Vor dem Wind" sind zwei volle Windstärken gefühlten Wind

Auch zwei Hochsee-Regatten haben unter anderem bewiesen, dass es kein hundertprozentiges Rezept zum Überleben in einem ausgewachsenen Sturm gibt. Man kann davon ausgehen, dass am Fatsnet-Race 1979 fast ausschließlich erfahrene Segler und schwerwettererprobte Yachten teilgenommen haben, und trotzdem hat es im Sturm neben zahlreichen Schiffsuntergängen 19 Tote gegeben, 1998 beim berühmten Race Sydney Hobart wurden neben sechs Toten 55 Aufgaben von Schiffen mit zum Teil deren Untergang gezählt.

Ob ich je in einem wirklich ausgewachsenen Sturm gesegelt bin, weiß ich nicht. Aber sicher bin ich noch nie auf die Idee gekommen, ab sieben oder acht Windstärken gegenan zu gehen. Sondern bin immer abgelaufen. Zu sehr überwiegen sehr subjektive Wahrnehmungen, wenn es hart auf hart geht. Und "beigedreht" bin ich ganz wenige Male, aber sicher nicht bei über fünf oder vielleicht auch sechs Windstärken. Und wenn, dann auch nur, um nicht zu viel Strecke nach Luv zu verlieren.

Weltumsegler Knut Kähler, sicher einer der erfahrensten Weltumsegler von denen, die hier Beiträge geliefert haben, mit seinen Artikeln, darunter fundierten Artikel u.a. zum "Wellengenerator! , zum Waffenbesitz auf Yachten mit einer Verurteilung zu einer elfjährigen "Gefängnisstrafe!" oder zum Einbau von "Lithium-Batterien"! , hat im Sturm ein Rezept benutzt, das ich auch anwenden würde, aber gleichzeitig die Grenzen dieses Manövers aufgezeigt und je nach Schifftyp, dieses Rezept verbessert. Nebenbei: bei dem unten beschriebenen Wetter hat die Mannschaft die Lust verloren, das Geschehen zu fotografieren. Verständlich, oder? Und bezeichnend ist wohl auch, dass Knut die recht grobe Wettersituation auf dem Foto unten mit "Dünung im Atlantik" betitelt hat.

Er schreibt: Moin Bobby,

...Dabei habe ich mal wieder mal in Deinen Seiten geschmökert und bei der Diskussion über Sturmtaktiken fiel mir ein, dass ich dazu auch eine Erfahrung beisteuern kann.

1984 überführte ich wieder eine Yacht für die Segelschule Hering in Berlin von Martinique nach Guernsey. Zwei, drei Tage nach Bermuda auf dem Weg zu den Azoren gerieten wir in einen Sturm der in der Spitze 11 Bft erreichte. Die Höhe der See ist ja immer schlecht zu schätzen, aber auch durch Angaben anderer Schiffe bestätigt, erreichte sie ungefähr 10 m. Es war deutlich zu viel Wind für jede Art Segel.

Also Beidrehen fiel weg und Ablaufen unter Top und Takel war mir zu gefährlich, zumal ich auch nur eine absolut ungeübte Crew an Bord hatte, denen man das Ruder gehen unter diesen Umständen nicht anvertrauen konnte.

Also brachte ich achtern Leinen aus. Das ging so weit ganz gut, aber die Seen schlugen dermaßen gegen das breite Achterschiff mit den großen Bullaugen, dass ich mich dazu entschloss die Leinen nach vorne zu schiften. Das Wasser flog waagerecht, bis 1 m über Deck war es warmes Seewasser, darüber kalter Regen.

So hing dann alles an Leinen was wir hatten vorne raus und das Ruder war fest gelascht. So lagen wir recht gut eben wie vor Anker und die Seen brachen lediglich übers Vorschiff.

Diese Methode würde ich jederzeit wieder anwenden.

Page by Bobby Schenk
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