Höchste
Blauwassersegler-Auszeichnung für MAHDI
"MAHDI"?
Nie gehört! Die Stahlyacht MAHDI ist noch nie durch schnelle Überfahrten
aufgefallen. Sie hat keine Weltumsegelung in Rekordzeit absolviert. Erst recht
haben ihre Skipper keine Nonstop-Umrundung von Irgendwas "geleistet",
sondern die Commodores Rod und Becky Nowlin sind in der internationalen Yachtszene dadurch aufgefallen,
dass sie sich mit einem Piratenüberfall vor der jemenitischen Küste nicht
einfach abgefunden haben, sondern sich
tatkräftig zu Wehr gesetzt haben. Wobei mindestens zwei der Piraten ihr Leben
lassen mussten - siehe hier.
Seven
Seas Cruising Association - der exklusivste Blauwasserclub.
Nicht
für viel Geld können Segler sich beim SSCA eine Mitgliedschaft erkaufen. Da
muss man schon andere Voraussetzungen mitbringen, um Vollmitglied beim SSCA zu
werden. Und damit das Recht haben, sich "Commodore" nennen zu dürfen.
Dabei hat dieser reine Fahrtensegler-Club nicht mal ein richtiges Clubhaus,
sondern gerade mal ein Adresse, wo die Mitglieder verwaltet werden und von wo
aus die berühmten Bulletins verschickt werden.
Vor
rund einem halben Jahrhundert schlossen sich ein paar Langfahrtsegler in den USA
zusammen und gründeten die Organisation. Als Aufnahmebedingung wurde gefordert,
dass Mitglieder mindestens ein Jahr lang auf einem Schiff gelebt haben und
außerdem von zwei Vollmitgliedern empfohlen werden müssen. Die Leistung des
Clubs bestand darin, dass die Erfahrungsberichte der Langfahrtsegler gesammelt,
in einem monatlichen, sogenannten Bulletin abgedruckt werden. Diese Bulletins
stellen neben den 5000 Mitgliedern den eigentlichen Schatz des Clubs dar, finden
sich dort Erfahrungsberichte aus erster Hand praktisch zu allen Fahrtengebieten
der Welt und zu allen Bootsthemen. Durch die strengen Aufnahmebedingungen ist
gewährleistet, dass hinter den Berichten immer eine Menge professioneller
Sachverstand steckt. Denn es leuchtet ein, dass Erfahrungen von Vollzeitseglern
ein ganz anderes Sachgewicht haben als diejenigen von Charter-, Urlaubs- oder
gar Schreibtischseglern.
Dass
zu den Regeln des Clubs die Clean-Wake-Philosophie gehört (wer unter dem roten
SSCA-Burgee segelt, hinterlässt nur sauberes Wasser - im wörtlichen und im
übertragenen Sinne), sei in diesem Zusammenhang nur am Rande erwähnt. Die
große Bedeutung des SSCA für jedermann, der sich fürs Langzeitsegeln
interessiert oder gar eine Weltumsegelung plant, besteht in den Bulletins, die
jedermann, also auch Nichtmitglieder (noch nicht)) gegen eine geringe Gebühr
beziehen kann. Auch fast alle zurückliegenden Jahrgänge und sogar auf CD. Dass
sich daraus Erfahrungswerte ergeben, die kein anderer Yachtclub der Welt, kein
Segelbuch, auch kein Internet vermitteln kann, versteht sich von selbst.
Näheres findet man im Internet unter: www.ssca.org
Der
SSCA verleiht den SEVEN SEAS AWARD
Ein
großartiges Clubleben liegt dem SSCA fern. Zu den wenigen Clubereignissen
gehört die Verleihung der Seven Seas Award, also einer einfachen Medaille für
die anerkennenswerteste Leistung im Blauwassersegeln, wobei hier alles
dazuzählt, was eben zum Blauwasser-"Leben" gehört. Unter Insidern
gibt es für Langzeitsegler keine höhere Auszeichnung (die übrigens nicht auf
Mitglieder des SSCA beschränkt ist) und der SSCA geizt entsprechend mit der
Verleihung. Ganze zwölfmal im letzten halben Jahrhundert wurde die Medaille
verliehen. Zum ersten Mal an das Ehepaar Irving und Electa Johnson für ihre
siebenfache Weltumsegelung auf dem Schoner YANKEE. Das war 1983. 1986
folgenden dann die großen Eric und Susan Hiscock. 1988 wurden Miles und Beryl
Smeeton von der TZU HANG bedacht, die ihre gescheiterte
Kap-Hoorn-Umrundung (mit dem Verlust eines Mitseglers) so plastisch in dem Buch
Once is Enough beschrieben hatten. 1991 wurde die Lebensleistung unter Segeln
der deutschen(!) Jürgen und Karin Schultze-Röhl von der 38 Fuß langen
Stahlyacht KRIOS gewürdigt. Und dann eben im Jahre 2005 Rod
und Becky Nowlin.
Gewöhnlicher
Piratenüberfall oder Geiselnahme durch Terroristen?
Da
wurden also zwei Yachten, nämlich die erwähnte MAHDI und die im Konvoy
segelnde GANDALF Opfer eines Piratenüberfalls. Wobei die Feststellung
von Rod Nowlin im Bulletin 5/2005 festzuhalten ist, dass es sich möglicherweise
nicht einmal um einen "gewöhnlichen" Piratenüberfall - er selbst
fragt, was ein "gewöhnlicher" Piratenüberfall ist - handelt, sondern um
einen gezielten Mordversuch oder eine Geiselnahme. Die Besatzung der GANDOLF
dankt ausdrücklich, dass Rod Nowlin ihnen das Leben gerettet hat, indem er
eines der Piratenboote mit seiner Stahlyacht niederfuhr und außerdem -
mindestens - zwei der Piraten erschoss.
Ganz
bemerkenswert ist die offizielle Begründung der Verleiher: "In Anerkennung
dieser unglaublichen Aktion, bei der unmittelbar zwei Leben gerettet wurden und
möglicherweise weitere zahlreiche Leben dadurch bewahrt wurden, weil vor
zukünftigen Attacken dieser Art abgeschreckt wurde..."
Kann
sein und ist zu hoffen. Sicher ist es nicht, denn Rod Nowlin berichtet, dass er
von den Offiziellen nach seiner Berichterstattung zum sofortigen Weitersegeln
Richtung Mittelmeer aufgefordert wurde, weil mit Vergeltungsmaßnahmen
(Blutrache?) zu rechnen sei.
Keine
brauchbaren Notfrequenzen oder Schutz durch Kriegsschiffe!
Was
anderes ist für uns Weltumsegler noch von Interesse, nämlich Nowlins
persönliche Erkenntnisse aus diesem Vorfall: Er schreibt im Bulletin 5/2005,
dass es ziemlich aussichtslos sei, auf fremde Hilfe zu hoffen. Die Notfrequenz
2182KHz ist unbrauchbar, weil sie niemand mehr abhört. Gelingt es aber, zum
Beispiel Verbindung mit einem Handelsschiff per UKW aufzunehmen, sei damit
meistens nichts erreicht, denn Handelsschiffe sind auch nicht auf solche
Attacken vorbereitet.
Was
aber viel interessanter ist, ist die Feststellung Nowlins, dass es in diesen
Gewässern von Kriegsschiffen nur so wimmelt. Amerikaner, Franzosen, Engländer,
auch Deutsche Schiffe tummeln sich dort. Vielleicht auch Italiener. Eine der
dort befindlichen Yachten wurde von der US-Coast-Guard kontrolliert und mit
angeblichen "Notfrequenzen" versorgt. Die sich alle später als
nutzlos herausstellten. Eine davon war gar eine Rundfunkstation.
Während
des Überfalls wurden sämtliche denkbaren Notfrequenzen ohne Erfolg
durchprobiert. Lediglich über Kanal 16 gelang es nach dem Überfall eine
Verbindung zu einem Handelsschiff herzustellen. Dieses gab die Information über
Satellit weiter. 12 Stunden später konnte ein deutsches Kriegsschiff in der
Nähe kontaktiert werden. Es hatte von dem Überfall keine Kenntnis.
Soviel
zur Kommunikation in solchen Gewässern unter den Verteidigungspartnern! Der
Amerikaner Nowlin meint auch, die internationale Boots-Lobby soll halt auf ihre
Regierungen etwas Druck ausüben, damit Boote mit entsprechender Nationalität
beschützt werden. Als Deutscher kann ich hierzu nur bemerken: Reichlich naiv,
diese Amis...
Zurück
zur Realität: Dass diese Geschichte für die Yachtbesatzungen so glimpflich
ausgegangen ist, führt Nowlin auch darauf zurück, dass die Boote aus Stahl
waren. MAHDI wurde dreimal getroffen, GANDOLF 14 mal.
Die
Lehre aus dem Vorfall? Die muss jeder für sich selbst ziehen. Ich
habe solche Gewässer zu einem "No-Go-Meer" erklärt - für mich
persönlich.
Commodore
Bobby Schenk
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