Fünf-Jahres-Test mit dem Katamaran
Privilege 465 THALASSA
Wenn eine Yacht 5 Jahre lang fast ununterbrochen bewohnt wird, um
die halbe Welt segelt und dabei runde 20000 Meilen zurücklegt, dann sind die
Erfahrungswerte, die aus diesem Langzeittest gewonnen werden, wesentlich
aussagekräftiger als beispielsweise die Benutzung einer Yacht während der
Saison, ein Chartertörn oder gar nur ein Zeitschriftentest, der sich
naturgemäß kaum länger als ein paar Tage hinziehen darf. Ja, es dürfte sich
um die Lebensleistung für ein Durchschnitts-Fahrtenschiff handeln, das
üblicherweise im Urlaub auf der Ostsee oder im Mittelmeer gesegelt wird.
Hat
nun die THALASSA unsere Erwartungen erfüllt? Hat die Werft zufriedenstellende
Arbeit abgeliefert? All dies kann selbstverständlich nicht gleich im ersten
Jahr beantwortet werden, aber nach fünf Jahren weiß man allmählich, von was
man spricht.
Segel-
und Fahrt-Eigenschaften An erster
Stelle wird hier wohl immer nach den Segeleigenschaften gefragt werden. Wobei
diese Priorität sicher falsch gesetzt ist. Das mag bei einer Charteryacht
richtig sein, womöglich auch bei einer Eigneryacht, die fast ausschließlich am
Wochenende oder im Urlaub gesegelt wird. Und an den schönsten Tagen im Jahr
heißt es dann, ganz verständlich: Segeln, Segel, Segeln. Diese
Reihung ist bei einem Langfahrtschiff falsch. Denn dort heißt es, jedenfalls
zeigt das die Praxis: Lange Strecken runtersegeln, um dann noch länger zu bleiben.
Ich hab es schon so oft gesagt, dass ich allmählich müde werde, zu wiederholen: Eine
"typische" Weltumsegelung dauert vier Jahre, davon werden vielleicht
350 Tage gesegelt. Also knapp 25 Prozent der Zeit, 75% der Zeit ist die
Weltreiseyacht das "swimming home", wie sich selbst Altmeister Eric
Hiscock ausgedrückt hat. Wer es nicht glaubt, der schaue sich mal einen
Ankerplatz mit Blauwasseryachten an. Wenn jene so fanatische Segler wären,
wie viele glauben (und wie wir auch mal waren), dann wären die Ankerplätze ab
neun Uhr morgens leer. Sind sie aber nicht, ja, ganz im Gegenteil, der Besucher
wird größte Schwierigkeiten haben, solche Blauwassersegler zu einem kurzen
Segelausflug zu animieren.
 Trotzdem hier die
Segeleigenschaften der THALASSA: Uns haben sie rundum zufrieden gestellt. Bei
günstigem Wind, also 20 Knoten raumschots, läuft der Kat bei ruhiger See unter
ungerefftem Groß und Genua an die 12 Knoten. Leider sind solche Gelegenheiten
bei weitem nicht die Regel. Häufiger hatten wir es auf den langen Ozeanstrecken
mit mehr achterlichem oder/und stärkerem Wind zu tun. Es
ist klar, dass es auch von der Besatzung abhängt, wie eine Yacht gesegelt wird.
Hätte ich eine Crew von 6 starken jungen Männern, dann würde ich die auch
rumhetzen zum Reffen, Ausreffen, dichter holen, fieren und so weiter. Und zwar in
Minutenabständen. Mit zwei "Mann" Besatzung schaut es da gleich ganz
anders aus, zumal ja rund um die Uhr nicht nur gesegelt werden muss, sonder es
fallen auch Wachen und Routinearbeiten an Bord an - von allfälligen Reparaturen
soll hier gar nicht die Rede sein.
Dies führte dazu, dass die
THALASSA
(zumindest) auch unter dem Blickpunkt der Bequemlichkeit gesegelt wurde. Und
da ist ein Kat bei dieser Schiffsgröße unschlagbar. 10 Tage nonstop unter
Parasailor und Selbststeueranlage bescherten uns ein wunderbares
Segelerlebnis, obwohl die Yacht vielleicht einen halben Tag eher im Ziel hätte
sein können, wenn katamarantypisch mit Groß und Genua statt Spinnaker vor dem Wind unter
Ausnutzung jeder Winddrehung gekreuzt worden wäre.
Nicht
untypisch für diese Art von Segeln waren die paar tausend Meilen (ich habs
nicht mitgezählt) von Australien bis nach Malaysien über Papua New Guinea, wo
die Persenning vom Groß nicht ein einziges Mal abgenommen wurde, weil wir schlicht das
Großsegel monatelang(!) nicht vermisst haben. Das
heißt aber nicht, dass man mit der THALASSA nicht schnell segeln könnte.
Einmal lag unser Etmal sogar in der Nähe der 210
Meilen, aber da hatten wir Idealbedingungen, also 20 bis 25 Knoten genau von
querab. Eine solche Tagesleistung war aber die Ausnahme. Die erzielten Etmale
lagen im Normalfall nicht wesentlich höher als wir sie mit unserer
früheren 48-Fuß-Stahlyacht THALASSA II auch gesegelt hätten. Aber dafür hatten wir es auf dem Kat wesentlich
bequemer, verbrachten die Tage und Wochen mit Rumsitzen im geräumigen Cockpit. Und
die Amwindeigenschaften? Von der Türkei nach Marokko waren wir nonstop die 1800
Meilen durchs herbstliche Mittelmeer gesegelt, wobei wir die 18 Tage fast
ausschließlich hoch am Wind segelten. Die erzielbare Höhe durch die ruppige
See war nicht viel schlechter als es auf einem Mono-Fahrtenschiff gewesen wäre
- und es war auch fast so unbequem. Zugegeben - Lage schiebt der Kat keine und die
Trinkgläser blieben auch die 18 Tage auf dem Tisch stehen, aber der ziemlich
bullige Lärm und das Schütteln, Rütteln und Vibrieren geht einem schon auf den Wecker. Und
wie funktioniert der Katamaran beim Wenden? Darauf eine Antwort zu geben,
ist ganz leicht. Sie lautet: "Ich weiß es nicht, weil ich noch nie mit der
THALASSA eine Wende gefahren habe." Warum? Weil eine Halse
viel bequemer ist. Bei
der Wende müsste ich bei stampfendem Schiff die Genua um das Kutterstag
schleifen und zerren (wobei ich sie etwas länger Backstehen ließe, um sicher durch
den Wind gehen zu können). Viele zerstörerische Wenden dieser Art hätte die
Genua sicher nicht so gut überstanden. Nein, eine Halse ist da viel bequemer.
Großsegel dichtkurbeln, dann Rund Achtern, wobei das Groß sanft auf die andere
Seite flappt, und dann auf sicherem Raumschotkurs (zunächst) die flatternde und
drucklose Genua rüberholen - sie ist ja in diesem Moment vom sanften
achterlichen Wind abgedeckt. Wer es einmal ausprobiert hat, wird auf hoher See
mit einem Katamaran nie mehr eine stampfende Wende fahren. Wie verhält
sich die THALASSA im Sturm? Auch das kann ich nicht beantworten, weil die
THALASSA rund um den halben Erdball noch keinen ausgewachsenen Sturm erlebt hat. Jedenfalls
keinen Wind, den ich als Sturm bezeichnen würde. An Silvester auf dem Weg nach
Monastir durch die Alboran-See hatten wir wohl so acht Bft, aber die
achterliche Richtung
des heftigen Windes passte zu unserem Ziel und so bretterten wir unter stark
eingerollter Genua mit ständig "10 Knoten plus" durch die Alboran-See. Auf dem
Weg nach Australien passten die 40 bis 45 Knoten Wind nicht, denn die kamen
genau von vorne, sodass es keinen Sinn machte, dagegen anzubolzen. Zum ersten Mal
drehte die THALASSA bei - ohne Segel mit festgelaschtem Ruder -
und driftete mit
zwei Knoten Geschwindigkeit über Grund querab, worauf wir halt rund hundert Meilen
verloren, Dafür wurden wir durch ein erhöhtes Wohlergehen an Bord - es
fühlte sich an wie vor Anker - entschädigt. Typisch für einen
Fahrtenkatamaran!
Als einen
Nachteil sehe ich das Handling des doch ganz gewaltigen Großsegels
an. Für zwei "Mann" Besatzung in unserem Alter ist dies gerade noch zu
beherrschen. Ideal wäre nun
ein funktionierendes Rollgroß. Aber aus gutem
Grund hat die Werft jedenfalls
vor 5 Jahren kein solches angeboten, weil derartige Rollanlagen speziell bei
Katamaranen mit ihrem durchgelatteten überproportional großen Hauptsegel und
dem geometrisch nicht rechtwinkligem Dreieck extrem problematisch sind.
Tatsächlich hab ich auch eine Reihe von Kats mit Rollanlagen getroffen, deren
Skipper meist nicht sehr von dieser Mimik erbaut waren. Sicher noch ein
ungelöstes Problem - abgesehen von den horrenden Anschaffungskosten, die leicht
den Preis von zwei Maschinenanlagen übersteigen! Sicherheitshalber
fuhren wir meistens das Groß mit einem (Binde-) Reff. Dann hatten wir
schon mal den Anfang gemacht, wenn es aufbriste. Mancher Gang aufs Bimini (das nachts verdammt hoch
ist, wenn man in das kochende Kielwasser vier Meter unter einem schaut) wurde
uns durch diese Taktik erspart. Wenn das Groß zu klein wurde, dann war ohnehin
doch recht schnell Maschinenbenutzung angesagt. Unter 10 Konten Wind, mit dem
ich den Kat auf glattem Wasser noch durchaus gut bewegen könnte, wurden meist
die Diesel gestartet. Die Volvo-Diesel (genaugenommen
Dreizylinder-Perkins - das Perkinslabel klebt noch auf der grünen Farbe)
bringen jeweils 40 Pferdestärken und das ist auch genug. Mit beiden Maschinen
in Marschfahrt (2100 RPM -Nadel senkrecht nach oben) fährt der Kat zwischen 6
und 7 Knoten (bei sauberem Unterwasserschiff) und verbraucht hierbei zwischen
drei und vier Liter Diesel, Wenn zur Reichweitenverbesserung nur eine Maschine -
wie üblich - benutzt wurde, dann machte das Schiff immer noch 5 Knoten, also fast
130 Meilen am Tag, somit ein ganz normales
Fahrtensegler-Etmal. Eine störende Asymetrie
wegen des einseitigen Antriebs kann in der Praxis nicht bemerkt werden.
Jedenfalls zeigten sich die Selbststeueranlagen davon unbeeindruckt.
Bei 700 Liter in den Tanks und bei Bedarf
weiteren 300 Litern in Kanister kommt man so auf eine Reichweite bei Flaute von
über 1000 Meilen plus Reserve. Das ist ein gutes Gefühl, wenn man an die -
theoretische - Möglichkeit eine Riggschadens oder ähnliches denkt. Die
Privilege 465 wird mit den verschiedensten Motorisierungen angeboten, bis zu 80
PS, letztere vornehmlich für amerikanische Kunden, die ja meist viel Kraft
brauchen, jedenfalls meinen sie das. Meines Erachtens wiegen die
Geschwindigkeitsvorteile die Nachteile (Gewicht, geringere Reichweite) bei
weitem nicht auf. Man sollte sich auch darüber im Klaren sein, dass der Kat
wegen seines doch erheblichen Windfangs zum Beispiel gegen einen Wind (mit
entsprechendem Seegang) von 45 bis 50 Knoten nicht mehr ankommt, gleichgültig
ob da zweimal vierzig oder achtzig PS dröhnen.
Denn wenn
die Geschwindigkeit durchs Wasser mal unter 2 Knoten sinkt, ist es schwierig, überhaupt noch sinnvolle
Ruderwirkung zu haben und dann wird der stampfende Rumpf vom Wind unbarmherzig aus der
Richtung gedrückt. Spricht
man über die Segeleigenschaften, dann sind in einem Atemzug die
Selbststeueranlagen zu erwähnen. Die THALASSA wurde zu 90 Prozent von einem
Robertson-Autopilot gesteuert, dessen Stromverbrauch - je nach
Geschwindigkeit und Rauheit der See - zwischen 6 und 10 Ampere liegt. Zur Sicherheit war auch
eine Pacifik-Anlage von Windpilot an Bord, die jeweils
eingesetzt wurde, wenn der Robertson
mal nicht mehr mochte. Der Übergang auf die Mechanik war schnell und einfach,
und die Mechanik versah (mit einem kleinem elektrischen Pinnenpilot) unter allen
getesteten Bedingungen tadellos ihren Dienst. Dass sie letztlich nicht als
"Haupt-Steueranlage" eingesetzt wurde, war nur eine Frage der
Bequemlichkeit.
Mit Hilfe
der beiden Maschinen ist es kein Kunststück, die THALASSA in engen Gewässern
oder in einer Marina zu manövrieren. Sie dreht quasi "auf dem Fleck"
- bei Flaute. Schon 10 Knoten Wind können bewirken, dass sich "der
Fleck" bewegt! Das hängt wiederum mit dem erhöhten Windwiderstand dieses
großen Katamarans zusammen. Es gilt also bei sehr engen Platzverhältnissen,
vorausschauend den Windeinfluss mitzukalkulieren und dementsprechend das Anlegen
oder Ablegen zu planen. Im Extremfall ist ein Anlegen in einer engen Box eben
nicht möglich und man hat auf bessere Zeiten zu warten. Dies gilt insbesondere
für kleine Mannschaften wie wir es sind. Solche
Probleme hatten wir am Ankerplatz nicht.
Rentiert hat sich - ausnahmsweise - die als Sonderzubehör georderte stärkere Ankerwinde,
die bis jetzt ihren Dienst klaglos versehen hat und auch aus 30 Meter Tiefe die
hundert Meter lange Niro-Kette zügig raufgeholt
hat. Der deutsche Bügelanker hat immer gehalten,
obwohl ich wegen des übergroßen Windwiderstandes des Katamarans der Haltekraft
eines Ankers kritisch gegenüberstehe. Im Zweifelsfalle bring ich dann immer
noch einen zweiten (CQR-)Anker mit Trosse per Beiboot aus.
Auf
einer Langfahrt ist ein tüchtiges, strapazierfähiges Beiboot
ein absolutes Muß. Ohne Beiboot ist man am Ankerplatz schlicht ein
Gefangener auf seinem Schiff. Auf der THALASSA werden ein kleines und ein
"großes" Banana-Boot als Beiboot gefahren. Das Heck bleibt frei von
Davits und einem Schlauchboot, das nur die Selbststeueranlage behindern würde.
Ich weiß, es gibt gegen das Banana-Boot ziemlich
viele Widerstände, wobei ich mich manchmal frage, ob die Leute nicht zuviel
verlangen. Da soll ein Beiboot zusammenlegbar sein, also wenig Platz
beanspruchen. Andererseits soll es aber auch preiswert, unbeschränkt
strapazierfähig, seetüchtig, stabil, gleitfähig mit Aussenborder, aber
auch sehr klein sein und leicht sein. Das gibt es nicht. Natürlich wäre mir
auch ein Boston Whaler mit 40 PS hinten dran lieber, - wenn ich es an Deck
einhändig verstauen könnte. Aus meiner Sicht und nach 20-jähriger Benutzung
in der rauen Bordpraxis ist das Bananaboot mehr als ein gelungener Kompromiss.
Klar, es lächeln viele, wenn ich die Banane aufklapp und das schwabbelige Ding
über die Reling ins Wasser schmeisse. In Vavau, wo wir wochenlang unter
Dutzenden anderen Ankerliegern geankert hatten und jeden Morgen auf der Banane
mit 5-PS-Gleitfahrt durchs Ankerfeld brausten, da häuften sich nach einer
wochenlangen Gewöhnungszeit plötzlich Kaufangebote anderer Yachties, die sich
über ihre porösen Gummiboote genug geärgert hatten. Ein großer Nachteil
der Bananen in der Praxis ist jedoch, dass sie bei starkem Regen
vollaufen und dann absaufen können. Das läßt einen schnell aufwachen, wenn es
nachts anfängt zu regnen und die Banane mit Außenborder am Heck angeleint
ist. Wenn man die
Manövriereigenschaften der THALASSA würdigt, kann man für unterwegs, im
Hafen und am Ankerplatz feststellen: Das Schiff lässt sich mit einer Zweiermannschaft noch gut
manövrieren. Aber größer dürfte es wohl nicht sein. Die
THALASSA als Wohnung, als Lebensraum Darüber
brauche ich nicht viele Worte zu verlieren. Die Wohnung THALASSA ist in meinen
Augen für zwei Leute schlechthin ideal. Das Cockpit als Lebens- und
Wohnmittelpunkt, unterwegs und am Ankerplatz, ist derart großzügig bemessen,
dass das Wort "Cockpit" irgendwie fehl am Platze ist. Wir können
uns schon längst nicht mehr plastisch vorstellen, dass wir jahrelang jedes Mal beim
Betreten unseres früheren Schiffes eine Treppe, sozusagen in den Keller
runtersteigen mussten. Ein "Kellerschiff" würde ich heute nicht mehr für mich
akzeptieren, jedenfalls nicht mehr bei Schiffslängen über 14 Metern. Wer sich
den Innenraum der THALASSA näher anschauen möchte, klicke hier
(wurde in den
fünf Jahren nicht verändert)!
Das
Cockpit ist insbesondere am Ankerplatz praktisch der alleinige Aufenthaltsraum
untertags. Besonders in den Tropen hat man damit einen gut belüfteten und
regensicheren Lebensraum. Das Bimini, das von der Werft nur als Sonderzubehör
angeboten wurde, ist ein Muss! Das
Platzangebot ist in jeder Hinsicht umwerfend, auch ein 2-Meter-Mann hätte
durchgängig Kopffreiheit. Die allgemein bekannte Gewichtsempfindlichkeit eines
Katamarans spielt in unserem Falle keine Rolle, denn von der Werft ist das
Schiff eigentlich für acht Mann Besatzung vorgesehen, ein Gewicht also, in
dessen Nähe eine Zweiercrew trotz allem Lebenskomfort bei weitem nicht kommt. Energieversorgung Nachdem
die THALASSA von vorneherein für wärmere Gefilde bestimmt war, hat sie auch
keine Heizung. Die Pantry mit dem dreiflammigen Gaskocher und Bratrohr hat
unseren Bedürfnissen vollauf genügt. Wiederum ist das riesige Platzangebot ein
Trumpf, denn in der Backskiste haben zwei 13-Kilo-Gasflaschen
Platz, die uns
über ein Jahr Unabhängigkeit von Nachfüllstationen mit den bekannten
Anschlussproblemen gewährten. Als
kleinen Luxus haben wir uns in Australien einen schönen Nirogrill im
Cockpit mit separater Niro-Gasflasche geleistet, der bei näherem Hinschauen gar kein Luxus ist. So
können wir endlich den fettigen Bratendunst aus der Pantry ins Freie verlagern.
Und der Romantik am Ankerplatz dient er auch. In
die THALASSA wurden nachträglich ein Kühlschrank und eine
Tiefkühltruhe
eingebaut, nachdem ich das von der Werft eingebaute System als nicht zureichend
herausgestellt hat. Aber auch diese späteren Änderungen haben nicht den von
mir erhofften Kühlkomfort gebracht. Nur selten und bei Bedarf (Abfahrt zu einer
längeren Ozeanstrecke) kann aus Energiegründen die Tiefkühltruhe in Betrieb
genommen werden, der Kühlschrank allerdings ist ständig in Betrieb. Immer
noch ein heikles Kapitel ist die Stromversorgung. Die
THALASSA hat keinen
eingebauten Generator. Etwas, was mir auch heute noch nicht abgeht. Stattdessen
hat sie rund 600 Watt Solarzellen, eine Menge, die aus Platzgründen auf einem
Einrumpfschiff gleicher Länge gar nicht unterzubringen wären. Wer nun glaubt,
damit seien alle Stromprobleme gelöst, irrt gewaltig. Obwohl auf der THALASSA
mit Strom gespart wird, wo es nur geht, reichen die Solarzellen auch unter
günstigsten Sonnenbedingungen gerade eben aus. Unterwegs schon gar nicht, denn
Kühlschrank, Positionslampen und Selbststeueranlage sind dann allein schon für
so 250 Amperestunden pro Tag "gut". Die Solarzellen bringen absolute
Spitzenwerte von 30 Ampere auf der Anzeige. Aber nur dann, wenn die Sonne hoch
steht und keinerlei Abschattung verursacht wird.
Nicht
zufrieden gestellt hat mich das elektrische Layout, wie es von der Werft in meinem
Fall(!) vorgesehen war. Zwar hab ich auf jeder Maschine zwei
Lichtmaschinen,
aber warum die jeweils in Serie geschaltet sind, da bin ich noch nicht dahinter
gekommen. Das hab ich bei der Bestellung des Schiffes auch nicht
präzise beschrieben, bin ich doch davon ausgegangen, dass selbstredend die eine
Lima die Starterbatterie, die andere Lima die Servicebatterien (6 mal 110 AH)
lädt. Und, obwohl rein rechnerisch also 200 Ampere zur Verfügung stehen, sehe
ich auf dem Amperemeter auch nur Werte im dreistelligen Bereich, wenn die
leistungsfähige Ankerwinde läuft. Dass ich nunmehr bereits den dritten Satz
Batterien habe, liegt daran, dass die beiden ersten Batteriesätze Gel-Batterien
waren, die schon nach kurzer Zeit (beim ersten Mal auf Garantie) ersetzt werden
mußten. "Nie mehr Gel", sag ich mir...- wobei ich eine Reihe von Bekannten habe, die selbst
mit 10 Jahre alten Gelbatterien zufrieden sind. Ein
absoluter Zubehörhit ist ein recht teurer Victron-Wechselrichter, der schon mal
fast 4000 Watt zum Anfahren von 220-Volt-Wechselstrommotoren liefert. Beim
Einkaufen von Zubehör erübrigt sich nun weitgehend die langwierige Suche nach
12-Volt-Lösungen beim Computer, beim Lötkolben, beim Stabmixer, beim
DVD-Player, beim Fernseher, beim Ladegerät für den Fotoapparat, beim Toaster, bei der
Mikrowelle. Apropos "Mikrowelle". Die wird ja immer genannt als
Synonym für überflüssigen Luxus. "Luxus" schon gleich gar nicht,
denn ich hab an Bord keinen Block, keinen Patentschäkel, der billiger als die
Haushaltsmikrowelle ist. Und deren Einsatzgebiete sind zahlreich, von
Fleischauftauen bis zum Teewasser kochen. Nebenbei: Weder die Mikrowelle,
die in der Pantry steht, noch der Fernseher im "Salon" sind irgendwie
festgeschraubt. Und dies von den ersten Meilen an. Auf einem Katamaran fliegen
die Dinger eben nicht durch die Gegend. Das
Druckwassersystem hat sich gut bewährt, wenn man mal davon absieht, dass der
Boiler, der von der Maschine oder elektrisch beheizt werden kann, unbedingt
jedes Jahr eine neue Opferanode benötigt. Was ich zunächst nicht einsehen
wollte, weil das Auswechseln doch recht umständlich ist. Mit
dem sauteuren Wassermacher aus amerikanischer Fertigung hatte ich zunächst
jede Menge Ärger. Trotzdem hat er uns ein derart hohes Maß an
Unabhängigkeit von schlecht erreichbaren Wasserhähnen, zweifelhafter
Wasserqualität und beschränktem H2O-Vorrat gebracht, dass ich immer wieder einen
"Watermaker" einbauen würde. Welche
Mängel sind bisher aufgetreten? Die von der
Werft eingebaute Kühlanlage hat von vorneherin nicht funktioniert. Die Werft
hat den Kaufpreis voll erstattet. Die Gel-Batterien sind schon nach 6 Monaten
endgültig in
die Knie gegangen, auch sie wurden auf Garantie ausgewechselt. Für die Mängel
am Lichtmaschinen-Layout wurde mir von der Werft einsichtsvoll eine Gutschrift
erteilt, die ich nicht als besonders großzügig empfand. Mit
einem der beiden Ruder gab es - ausgerechnet am Ankerplatz in den Tuamotus
-
Schwierigkeiten, als es sich kaum noch bewegen ließ. Zu einer ernsten Gefahr
wäre dieser Defekt nicht geworden, denn einer der Hauptvorteile eines
Katamarans ist, dass praktisch alle lebensnotwendigen Details zweimal vorhanden
sind,. Das Sorgenruder hätte zeitweise stillgelegt werden können. Die
Ursache für das Ruderproblem war ein Aufquellen des Kunststofflagers nach zwei
Jahren. Unter Wasser mit Hilfe eines elektrischen Kompressors
(Freediver) konnte dieses Lager
in stundenlanger Arbeit gegen einen von der Werft kostenlos
gelieferten Satz ausgetauscht werden. Ein
großes Problem entstand dadurch, dass in einen der beiden Saildrives
Seewasser
eingedrungen war und in der Gegend von Singapur(!) kein Travelift existiert, der für
unseren Kat breit genug (7,30 Meter) gewesen wäre - einer der Nachteile eines
Katamarans. So konnte ich - ebenfalls unter Wasser - nur den Saildrive
ruhig stellen und mit einer Maschine durch die Malacca-Straße 400 Meilen weit
zu einem geeigneten Travelift motoren. Meinen spontanen ersten Schwur "nie
wieder Saildrive!" würde ich heute wohl brechen, denn zwischenzeitlich hab
ich soviele ernsthafte Probleme an konventionellen Wellenanlagen gesehen, dass
ein Saildrive per se wohl kein Nachteil ist. Aber heute würde ich vorsorglich
alle drei Jahre die Simmeringe austauschen (lassen).
Kleine
Ursache - große Wirkung! Als ich in Panama (Yachtclub in Colon) verdreckten
Diesel bunkerte, ahnte ich nicht, was dies letztlich an Ärger und Kosten
verursachen würde. Nach dem Auslaufen in Tahiti blieben beide(!) Maschinen
stehen. Die Treibstoffzuleitungen zu den Motoren waren blockiert durch schwarzes
teerähnliches Zeug - Bakterien. Die Australier kennen das Problem und nennen es
"Black Death". Nach Reinigen der Leitungen ging es störungsfrei
weiter. Trotzdem ließ ich in Australien insgesamt 4 Treibstoffilter nachrüsten
und die Tanks wurden inspiziert und zusätzlich konserviert. Getankt wurde nur
noch über Feinfilter. Seitdem gab es keine weiteren Störungen. Also,
wenn man zusammenrechnet, die Meilenleistung, sowie den Zeitraum von 5 Jahren
berücksichtigt, nicht allzu viele Probleme! Einiges
(teure) Sonderzubehör erwies sich als überflüssig. Dabei muß ich mich selbst
an der Nase nehmen, denn der Einbau erfolgte auf meinen ausdrücklichen Wunsch.
So hat also auch der Käufer (ich) Fehler gemacht, weil er nicht ausreichend
berücksichtigt hat, dass die Werft Alliaura eine 25-jährige Erfahrung im
Katamaranbau hat. In Zukunft würde ich mich bei
Sonderwünschen gegenüber einer derart erfahrenen Werft extrem zurückhalten. Die
Dialoge mit der Werft und dessen "After Sales Service" waren nicht
ganz stressfrei. Einen Teil der Spannungen hat der deutsche Vertreter für
Privilege, die Firma Eckeryachting, wirkungsvoll "entschärft". Die
Bauausführung war, soweit von mir beurteilbar, ansonsten tadellos. Manchmal,
wenn ich in irgendwelchen Winkeln des Schiff rumkrieche (meistens, um etwas in
dem riesigen Schiff mit seinen zahlreichen "Staumöglichkeiten" zu
suchen), muss ich immer wieder feststellen: "Saubere Arbeit!" Als
repräsentatives Beispiel für die Qualität und Sorgfalt der Bauausführung
seien die Luken genannt. Wegen der Tropen lautete mein Auftrag: "Möglichst
viele Luken, alle nach vorn zu öffnen!" Ich staunte nicht schlecht, als
ich die mal durchzählte. Genau 33 Stück! Dass ständig übersehen wird, beim
Weggehen alle, aber auch wirklich alle 33 zu schließen, liegt eigentlich auf
der Hand. So regnet es dann schon mal durch eine nicht verschlossene Luke
herein. Das ist aber auch das einzige Wasser, das seinen Zutritt ins
Schiffsinnere gefunden hat. Nicht einen Tropfen Wasser haben die
ordnungsgemäß verschlossenen Luken trotz gelegentlich überkommenden Wassers
reingelassen. Ein schöner Qualitätsbeweis
für die Bauqualität. Am
meisten war ich angespannt, als vor kurzem die THALASSA zum ersten Mal nach
einigen Jahren auf Trockene gesetzt wurde. Osmose ist ja heute bei manchen
Werften fast was Selbstverständliches. Aber am Unterwasserschiff der THALASSA
(die allerdings auch noch nie Grundberührung oder Kontakt mit anderen
Gegenständen hatte) war nicht die geringste Spur dieser Krankheit zu entdecken.
Super! Nachdem die Außenhaut aufpoliert war, glänzte die THALASSA wie ein
neues Schiff. Makellos! Was
hat die THALASSA bis jetzt im Unterhalt gekostet?
Kurz gesagt: Nicht viel mehr als ein Einrumpfboot
gleicher Länge. Der berüchtigte 50%-Zuschlag für
Katamarane, den tatsächlich
viele Marinas auf ihrer Preisliste stehen haben, wurde nur in den seltensten
Fällen verlangt. Oft eignete sich diese Klausel als Handelsmasse, so nach dem
Motto. "Wir geben Ihnen als Mitglied des Soundso-Vereins keinen Discount,
verzichten aber auf den Katamaran-Zuschlag." Reparaturkosten sind oftmals
niedriger als bei Einrumpfschiffen, weil die kritischen Ecken wegen des großen
Platzangebots nicht so verbaut sind, also nicht soviel Arbeitszeit für
sinnlosen Ausbau draufgeht wir beim verwinkelten Innenraum einer Einrumpfyacht.
Das Unterwasserschiff hat mehr Fläche, kostet
also runde 50 Prozent mehr an Farben. Gleiches gilt für die Arbeitszeit, wenn
das Schiff außen gepflegt wird.
Werden in einer Marina Stromkosten berechnet, was
gelegentlich ins Geld geht, dann lassen sich hier durchaus Einsparungen durch
eigene Stromproduktion (Solarzellen) erzielen. Um diesen Effekt aber auch nur zu
bemerken, braucht man schon die Sorgfalt eines Buchhalters.
Fazit nach 5 Jahren In einem Punkt hat
mich der Kauf eines Katamarans enttäuscht. Einer der angeblichen
Vorteile
solcher Schiffe ist das "leichte Trockenfallen"
(neudeutsch "beachen"), also das ganz bequeme
Herankommen an das Unterwasserschiff. Fehlanzeige! Jedenfalls würde ich
mich bei diesem kurzen ("modernen") Kiel nicht trauen, das mit meinem
Kat auszuprobieren. Obwohl mir einige "Insider" schon versichert hatten, dass dies
ohne weiters gehen würde. Aber es ist ja auch nicht ihr Schiff, das dann nach
vorne oder hinten auf die Ruder kippt!
Mein ganz
persönliches Fazit nach 5 Jahren Erprobung: Grenzen der Seetüchtigkeit waren
in den vergangenen fünf Jahren nicht zu erkennen. Der Katamaran kommt auch mit
schwererem Wetter gut zurecht. Nicht eine Sekunde stellten sich uns Bedenken
ein, der Katamaran könne kentern. In den brüllenden Vierzigern möchte ich
damit allerdings nicht unterwegs sein. Man weiß ja nie...Aber vielleicht bin
ich da überängstlich! Der
Privilege 465 ist ein gutmütiger Fahrtenkat, der auch mit kleiner Mannschaft
auf weltweite Fahrt gehen kann. Das Angebot an Lebensraum und Wohnkomfort wäre
mit einem Einrumpfschiff gleicher Länge bei weitem nicht zu realisieren. Wohl
das Maximum an Lebensraum, was von einer Yacht ohne bezahlter Mannschaft erwartet werden kann! Und wie sieht mein Traum
von einem neuen Schiff aus? Ich würde wiederum das gleiche Schiff bei derselben Werft kaufen. Aber Sonderwünsche würde ich mir
"verkneifen", bei
der Werft jedenfalls keine in Auftrag geben.

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