Mein Gott, da wollen die
Leute um die Welt segeln, also was richtig Großes unternehmen, und dann
verlieren sie sich in Kleinigkeiten!
Suchen jahrelang nach der
"richtigen" Ausrüstung (meistens elektronischer Art, die dann schon bei
der späteren Abreise out of date ist), überlegen sich welche Kurse sie noch
absolvieren müssen, ein Führerschein fürs Segelboot soll es auch noch sein, der sich dann
meistens als überflüssig rausstellt, versuchen ihren Betrieb zu verkaufen und
so fort. Dabei braucht es doch nur drei Voraussetzungen, um den großen Törn
zu starten:
-
Die Crew
muss passen und
mitziehen
-
das Schiff
muss sicher sein
-
die Finanzen müssen stimmen.
Aber viele wollen es ganz
penibel und gründlich machen. Und so vergehen Jahre der Vorbereitung und
manchmal wird man dann von den medizinischen und nervlichen Gegebenheiten
überholt, beziehungsweise gegroundet. So ist es einigen meiner Freunde
ergangen, die alles perfekt machen wollten, auch den Start zu einem Törn um
den Globus. Satt dass sie sich einfach auf die vorhandene Yacht gesetzt hätten und – mit der gebotenen Vorsicht versteht sich - losgesegelt wären. Denn, das sei allen Zauderern ins Logbuch geschrieben,
in den ersten zwei Wochen an Bord
lernt man mehr über seine Situation während einer Weltumsegelung, als beim Besuch eines zwei Jahre lang dauernden Kurses, beim Rumhecheln auf Bootsausstellungen
oder beim Büffeln am Computer und Lösen von Prüfungsaufgaben
(deren Inhalt fast ausnahmslos für eine Weltumsegel-Praxis absolut überflüssig ist)
.
Ich, und da bin ich
mit den meisten Weltumseglerfreunden einig, kann nur den dringenden Rat geben,
einfach mal loszufahren statt so eine große Unternehmung jahrelang vor sich herzuschieben.
Voraussetzung ist der Wille des Vorwärtsschauens, seine Vorbereitungen
akribisch darauf zu überprüfen, was entbehrlich ist.
Einen Punkt möchte ich
herausgreifen, weil mich hierzu immer wieder Anfragen erreichen: Das ist die
Frage nach den Waffen an Bord. Welche Waffe, welcher
Schein, woher die Waffe(n)
nehmen? Wie komme ich zu einer behördlichen Genehmigung? Und so weiter. Es gab
sogar Besucher dieser Webseite, welche monatelang mit der Verwaltungsbehörde
gerungen, auch prozessiert haben,
um eine Waffenbesitzkarte zu bekommen und damit schließlich legal eine Waffe erwerben zu können.
Das Thema könnte leicht
in Minuten erledigt sein, wenn man meinem Rat folgen würde, der auf den jahrzehntelangen Erfahrungen beruht, die ich gerade zu diesem Thema sammeln
konnte - und zwar in der Praxis!
Leider wird die Diskussion zum Thema "Waffen an
Bord" mit absonderlichen Argumenten geführt, sodass der ehrfürchtige
Zuhörer völlig verunsichert wird. Ein paar Stichworte hierzu: "Wenn man
eine Waffe an Bord hat, muss man sie auch ohne Zögern einsetzen" (was für
ein Bullshit!) oder "Waffen an Bord sind gefährlich" oder "ich
muss
doch meine Familie beschützen" oder "meine Waffe findet man sicher
nicht"
Leider, das ist das
Merkwürdige bei diesem Thema, wohlgemerkt unter erwachsenen Menschen,
bringt es kaum jemand fertig, diese Problematik ohne Vorurteile zu sehen und
dementsprechend die Konsequenzen zu ziehen. Es scheint hier bei manchen
Mitmenschen (sorry, fast immer sind es die Männer) der Verstand auszusetzen,
wenn es um das Thema Waffen geht (siehe der Steinzeitmann als
Jäger).
Ein Freund von mir, einer
von der ganz harmlosen Sorte Mensch, der mich nie auf das Thema Waffen angesprochen hatte,
bevor er mit seinen Kindern zur Weltumsegelung startete, musste bei einer
Schiffsrazzia mit hochrotem Kopf erleben, dass die Polizisten in Westindien ihn
nach der Herkunft seiner schlecht versteckten dreier Gewehre nebst Munition befragten.
Die Konsequenzen kann sich jeder ausmalen.
Ein anderer
wollte von seiner Yacht aus nach Hause fliegen und nahm seine Pistole, zerlegt
in seine Einzelteile, in der
Tasche mit. Dreimal musste er dann von zu Hause zur Gerichtsverhandlung in der
Türkei anreisen, um schließlich das harte Urteil entgegenzunehmen. Gleiches widerfuhr einem
Deutschen, der ausgerechnet von Trinidad nach Hause fliegen wollte, ebenfalls
mit einer Kanone in der Tasche. Urteil: Sechs Jahre
Gefängnis. Ein amerikanischer Yachty, ehemaliger Offizier, hatte in Indonesien auf seiner Yacht
ein Gewehr, schön amtlich gemeldet mit den "notwendigen Papieren".
Als er dieses ordnungsgemäß dem Hafenkapitän gegenüber deklarierte, beschlagnahmte diser die (teure)
Waffe, mit der lapidaren Begründung, hier
seien Waffen auf Yachten generell verboten und somit zu beschlagnahmen. Erst,
als der Yachtsmann den amerikanischen Botschafter einschaltete, konnte er
dreihundert Kilometer weiter, nämlich in der Hauptstadt sein Gewehr abholen.
Ja, ich weiß, mein
berühmter Freund Wolfgang Hausner hat hierzu ganz andere Ansichten (siehe sein Buch "eines Mannes Freiheit"
und Wolfgang Hausner und die Waffen!),
die ebenfalls auf sehr praktische Erfahrungen beruhen und er weiß sie zu
begründen. In einem seiner regelmäßigen Berichte im österreichischen
Segelmagazin OCEAN7 schreibt
er:
"...meine Gäste sprachen mich auf diese Thema (Seeräuber, Verbrecher etc
- die Red.) an, als ich mein M-16-Sturmgewehr aus dem Versteck in meine Kabine
brachte."
Ich bin sicher, dass seine
urlaubenden Gäste sich damit beruhigten, dass nicht jedermann eben ein Wolfgang
Hausner ist. Sie (und ich) schon gar nicht!
Jetzt aber meine eigenen
jahrzehntelangen Erfahrungen
mit Waffen an Bord: In den siebziger Jahren führten wir einen 38er-Revolver an Bord der
THALASSA mit, den wir überall deklarierten, wenn wir danach schriftlich oder
mündlich gefragt wurden. Besonders hat sich dafür niemand interessiert, weder
im Mittelmeer, noch in Übersee. Lediglich in Panama (Colon) einem
Verbrechernest, nahm die Polizei ohne große Formalitäten die Waffe unter
Verschluss. Eine Ausnahme!
Eine Situation, wo ich in Versuchung geraten wäre, vorsichtshalber
den Revolver bereit zu legen, gab es während der ganzen jahrelangen
Weltumsegelung nicht. Es war aber auch die Zeit, als es fast überall auf der
Welt, jedenfalls dort, wo Yachten vorbeigekommen sind, friedlich zugegangen
ist. Überfälle auf Yachten gab es praktisch nicht ausser in Kolumbien, wo es
Einbrecher auf Wertgegenstände, die sie auf den Besucheryachten vermuteten
abgesehen hatten. Einmal wurde auf einer Yacht die (mit einem Gewehr bewaffnete)
Frau des Skippers von Piraten erschossen, wie der norwegische Skipper berichtete. Ein Einzelfall!
In den achtziger Jahren
waren wir schon schwerer bewaffnet und die Behörden nahmen es etwas genauer. In
Polynesien lagen deshalb jahrelang unsere Waffen offiziell unter
Verschluss,
einem Verlies mit den Waffen der Yachties, mit denen man sicher erfolgreich
jeden Bürgerkrieg hätte führen können. Raub-Überfälle auf Yachten wurden wenige verzeichnet, jedenfalls nicht mehr
als man in "unseren" Gewässern oder Gegenden (Großstädten) gewohnt
war.
In den Neunziger Jahren
rückte das Thema Überfälle auf Yachten für manche Gegenden schon näher.
Besonders Yachties in Venezuela und in den Gewässern im und vor dem Roten Meer
wurden zum Teil tödliche Opfer von hochgerüsteten
Piraten. Das waren aber Überfälle, bei
denen man mit "unseren" Waffen ohnehin auf verlorenem Posten gewesen wäre.
Mit einer einzigen Ausnahme,
einem Gewehr in den Händen eines als Soldat geschulten Amerikaners, ist mir
nicht ein einziger Fall bekannt, wo der Einsatz einer
eigenen (Schuss-)Waffe einen Überfall verhindert hätte.
Wie nützlich eine
Waffe in meinem Fall gewesen ist, zeigt die Geschichte meines schweren Smith&Wesson-Revolvers, den ich auf professionelle Empfehlung und nach
Schulung im Landeskriminalamt in Deutschland gekauft hatte. Meine Yacht lag
damals in Australien, sodass ich - legal versteht sich - den Schießprügel
dorthin im Flieger transportieren mußte. Es war ja noch lustig wie der im
Koffer verstaute Revolver der Dame vom Sicherheitsdienst am Flughafen vom Monitor entgegenstrahlte:
"Hallo, kommt mal alle hierher, was für ein schönes Bild!"
Die
vorgelegten Papiere besänftigten die herbeigerufenen Polizeibeamten, lediglich
der Kapitän des Jumbos nach Dubai wollte wissen, warum ich das Ding
ausgerechnet in seinem Flieger transportieren wollte. Bei der Ankunft in
Brisbane/Australien kam mir gleich ein uniformierter Beamter entgegen, der mir,
wie alle seine Kollegen ein Fernschreiben unter die Nase hielt, in dem mein
Mordwerkzeug angemeldet worden war. Ziemlich genau 20 Meter durfte ich das
Köfferlein dann ins Büro tragen. Das nächste Mal sah ich die Waffe dann ein
halbes Jahr später wieder, als beim Auslaufen nach Neukaledonien eine mächtige
Polizistin mir sie an Bord reichte, allerdings erst nachdem auf ihren ruppigen Befehl hin alle Festmacherleinen gelöst waren.
Und so gings weiter: Neukaledonien im
Polizei-Verschluss, in Papua New Guinea ebenfalls. Schließlich durfte ich (und
der Revolver) in Malaysien (dort Todesstrafe für illegalen
Waffenbesitz!) 60 Kilometer
im Polizei-Auto zur Hauptwache fahren, um die Waffe dort abzuliefern.
Endgültig? Nein, nur für ca 10 Jahre, als ich längst wieder in Deutschland
war und nach Einschaltung des malaysischen Botschafters in Berlin, ein Freund mir das
Päckchen nach Deutschland brachte. Wenn ich mal den Nutzen dieser Waffen
nachrechne, dann stand sie mir in 10 Jahren ziemlich genau ein halbes Jahr, also
läppische 5% und nur auf hoher See, zur Verfügung. Nutzen dieser Waffe also:
Gegen Null?
Wohl ja. Ein Vorteil der
behördlichen Verwahrung war hingegen, dass ich 10
Jahre lang im Notfall gar
nicht in Versuchung gekommen wäre, auch nur mit dem Gedanken zu spielen, die Waffe
einzusetzen.
Ich leugne nicht, dass
ich in früheren Publikationen den Besitz einer Waffe für manche Fälle
durchaus empfohlen habe. Aber das waren ganz andere
Zeiten, ganz andere (viel
weniger sensible) Behörden und wohl auch ganz andere, nicht derart gewissenlose Banditen.
Heute wären für mich Waffen an Bord ein absolutes No Go!
Nur Vorteile: Kein
Geplänkel mit den Behörden. keine Scheine, keine Aufbewahrungsprobleme (Tresor
ratsam, Rost), etc.
Viel mehr sollte man sein Augenmerk darauf
richten, nur(!) in empfohlenen Gegenden rumzusegeln und Gebiete, in denen es zu
Überfällen auf Yachten gekommen ist, strikt zu meiden. Dann erst ist ein
Vergleich mit unseren heimatlichen Gegenden, wo Verbrechen auch nicht ganz
auszuschließen sind, zulässig.
Auch eine Signalpistole
(Kaliber 4), damit auch den waffenrechtlichen Fachkundenachweis und eine
Waffenbesitzkarte kann man sich ersparen. Die Schwierigkeiten sind in der
Praxis, also in den Augen der Immigration-Officers, die gleichen wie bei einer
"richtigen" Schusswaffe. So eine Signalpistole oder auch Raketen waren
mal wirkungsvoll in den Titanic-Zeiten, heute kann man sie viel effektiver durch
diverse Funksignale (oder auch leistungststarke (LED-Scheinwerfer) ersetzen.
Somit ist die
Vorbereitung einer Weltumsegelung bezüglich Waffen an Bord schon nach 5 Minuten
erledigt!
In den Wind gesprochen? Hoffentlich nicht!
Bobby Schenk
P.S. Übrigens: Wer immer
noch mit dem Gedanken spielt, Waffen heimlich an Bord mitzuschleppen, lese die beiden
Beiträge
wie
Monique der Waffenbesitz auf ihrer Weltumsegelung gründlich vergangen ist
und
wie
Langfahrtsegler
Knut wegen seiner Waffen an Bord - kein Scherz - auf den Malediven zu 11 Jahren
Knast verurteilt wurde.
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