Atlas der Ozeane


Segelfahrplan auf den Weltmeeren

Im vielleicht besten Segelbuch eines Langfahrtseglers, nämlich KAP HORN - DER LOGISCHE WEG beschreibt Bernard Moitessier seinen beschwerlichen Seeweg zum Schrecken aller Seeleute, zur Südspitze Südamerikas, so:

"Wir haben ein Spiel erfunden, das wahrscheinlich die meisten Seeleute betreiben, die in den berüchtigten Breiten zur See fahren. Das ist das Spiel der kleinen Rechtecke. Es besteht darin, das Schiff auf einem Kurse zu halten, auf dem der Prozentsatz der Stürme am kleinsten bleibt. Diese Prozentzahlen erscheinen auf unseren Pilot Charts in kleinen Rechtecken von je fünf Grad Breiten- und Längenausdehnung, die auf einer kleinen Übersichtskarte über das in Betracht kommende Seegebiet gedruckt sind. Wer die See kennt, wird gleich vermuten, daß mit der Breite der Prozentsatz der Winde in Sturmstärke steigt. Für uns besteht das Spiel also darin, ]OSHUA zwischen 43 und 45° Süd bis auf ungefähr 600 Seemeilen an die chilenische Küste heranzubringen, bevor wir den Kurs direkt auf einen Punkt absetzen, der gut frei im Westen von Kap Horn liegt. Damit entgehen wir der sehr großen Gefahr, durch schweres Wetter vor Feuerland auf Legerwall zu geraten."

Pilot Charts

Die amerikanischen Windkarten, die "Pilot Charts" haben Generationen von Langfahrtseglern wie ein Gebetbuch benutzt. Tatsächlich entspringen sie einer genialen Idee, die vor fast zwei Jahrhunderten geboren wurde. Die Kapitäne der damaligen Zeit, meist noch auf Windjammer unterwegs wurden aufgefordert, ihre Wettermeldungen an zentrale Stellen weiterzugeben, wo sie gesammelt und eben aus unzähligen Beobachtungen zu den Windkarten verarbeitet wurden. Die Idee: Dem Seemann wurden Anhaltspunkte gegeben, mit welchen Winden nach Richtung und Stärke, Stürmen, Flauten, sowie mit welchen Strömungen an gewissen Stellen der Weltmeere zu rechnen ist. Freilich, eine Garantie für eine gute Wetterprognose konnte das nicht sein, aber konkrete Anhaltspunkte waren da schon rauszulesen. Und meist lagen sie richtig, obwohl schon die Beobachtungen häufig nicht sehr sicher waren. Welche Windmesser gingen damals schon so genau, dass sie die Windgeschwindigkeiten exakt angaben und Strömungen konnten überhaupt nicht gemessen, sondern eben nur mittels Vergleich von Fahrt durchs Wasser und astronomischen Ortsbestimmungen grob geschätzt werden. Der Autor hat jedenfalls sowohl in den Passatzonen, als auch in den stürmischen Gewässern in den hohen südlichen Breiten gute Erfahrungen mit den Pilot Charts gemacht, obewohl er einmal bei einer Atlantiküberquerung eine ganze Woche in einer Flaute gelegen ist, wo er nach den Windkarten mit Passatwinden aus östlicher Richtung und fünf Windstärken rechnen hätte sollen.

Handwerkszeug des Ocean-Wanderers unter Segel

ARC-Erfinder Jimmy Cornell und seinem Sohn Ivan ist es zu verdanken, dass solche Monatskarten in ganz neuer Form vorliegen. Die ursprüngliche Einteilung in Fünf-Grad-Quadrate wurde beibehalten, die Daten zusätzlich jedoch nach neuesten Erkenntnissen aus Satellitenbeobachtungen bezogen. Gegenüber den alten (jetzt kann man ohne Übertreibung sagen "überalterten") Windkarten ergeben sich - naturgemäß - mancherorts keine großen Unterschiede, manchmal aber wegen der Klimaveränderungen (z.B. El Niño) deutliche Abweichungen gegenüber früher. Neuerdings aufgenommen wurde die Intertropische Konvergenzzone (ITC), dem Segler besser bekannt als Kalmengürtel, dessen Breite ihm wahrscheinlich den notwendigen Dieselvorrat anrät, denn unter Segel quält sich heute wohl kein "Segler" mehr durch die von Windstillen und gelegentlichen Gewittern gezeichnete Zone.

Gut gefällt die textliche Beurteilung von Groß-Wetterlagen und empfohlenen Segelrouten über die Weltmeere. Und zwar, das wird viele freuen, in deutscher Sprache. Wobei die Arbeit des Übersetzers Johannes Erdmann, selbst ein Langfahrtsegler, die für solche Texte notwendige Sachkenntnis bestens zum Ausdruck bringt.

Fazit: Die Pilot Charts haben ausgedient, der Atlas der Ozeane der Cornells ist nunmehr ein Grund-Handwerkszeug für jeden Ozean-Segler.

Sicher wird beim nächsten Blauwasserseminar von Bobby Schenk ausführlich über den Atlas der Ozeane zu sprechen sein - Programm und Anmeldemöglichkeit hier.

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