Seemannsknoten neu
überdenken und Palstek vergessen?
Es klingt revolutionär: Palstek
und all die anderen "bewährten" Seemannsknoten, die wir schon für
den Segelschein gebüffelt haben und blind vorführen mußten, hätten
plötzlich ihre Daseinsberechtigung verloren? Und doch: Das Argument, dass wir
heute ja anderes (Kunststoff-) Tauwerk benutzen als annodazumal die Hanf-,
Sisal-, Kokos-Trossen, könnte doch die Wirksamkeit mancher Seemannsknoten
("hält bombenfest undd geht leicht auf") beeinträchtigen?
Knotenfachmann Jens Kraglund hat gute
Argumente zur Hand...
Bobby Schenk
Eine kleine Geschichte über Knoten
von „sleepytomcat" Jens Kraglund
Knoten…
Jeder angehende
Skipper muss dem Prüfer vorführen, dass er bestimmte „seemännische
Knoten" beherrscht. Manche pulen sich die Finger wund, hassen das Thema und
machen an Bord dann irgendetwas, was andere zum Kopfschütteln bringt, Mann und
Boot gefährdet oder nicht mehr zu lösen ist.
Andere finden das
Thema spannend und können dann alles, was der Prüfer will und sind stolz
darauf, traditionell alles richtig zu machen.
Ist das aber auch
sicher?
Na klar, die „Seemannsknoten"
sind ja uralt, bewährt und für ihre legendäre Sicherheit bekannt. Wirklich?
Knoten sind
Ingenieurskunst der Verbindungstechnik und die meisten stammen tatsächlich aus
der Seefahrt. Sie entstanden in Zeiten, in denen das Rigg aus Naturfasertauwerk
bestand. Und damit haben wir heute ein Problem:
Kunstfasertauwerk
(egal ob geschlagen oder geflochten), wie es heute Standard ist, hat leider
vollkommen andere Eigenschaften als Naturfasertauwerk. Wie sehr das Material die
Knotbarkeit und Knotensicherheit beeinflusst, kann jeder mit den Haaren seiner
Partnerin einmal ausprobieren: Haare sind praktisch nicht knotbar.
Die ersten, die sehr
schmerzlich erfahren mussten, das das Material den Knoten beeinflusst, waren
Bergsteiger. Sie verwendeten Kunstfaserseile und knoteten mit seemännischen
Klassikern. Es gab Todesfälle (Abstürze) bei Kletterern, die an Seilen Kreuzknoten
oder Palstek verwendeten. Die Knoten rutschten durch, kippten über,
gingen auf.
Unmöglich? Leider
nein.
Ich zitiere Heinz
Prohaska, den bekannten
Bergsteiger und Bergretter:
"Einer dieser
Knoten war der Kreuzknoten. Erst ein Unfall durch Selbstlösung einer
Abseilschlinge am Grand Teton (USA) hat amerikanischen Bergsteigern die Augen
geöffnet. Ereignet hat sich dieser Unfall 1953. Da waren die neuen Nylonseile
schon rund zehn Jahre in Gebrauch. Ähnlich war es beim Bulinknoten („Palstek").
Der Engländer Kenneth Tarbuck war, soweit ich recherchieren konnte, der erste
Bergsteiger, der vor der Gefährlichkeit der Ringbelastung (Belastung quer zur
Schlaufe) dieses Knotens gewarnt hat."
Dazu sei noch
angemerkt, dass es offensichtlich auch nicht egal ist, ob die lose Part
innerhalb oder außerhalb des Palstek liegt, aber das nur nebenbei…
Der Skipper von
heute verwendet Kunstfasertauwerk. Ich würde auch nichts anderes empfehlen,
aber ich verwende nur noch Knoten, die in diesem Material sicher sind, der
Bergsport (die Höhenrettung, das technische Hilfswerk, der Zivilschutz und die
Feuerwehr) lässt grüßen.
Lerne Palstek und
Co. und zeige es dem Prüfer, an Bord aber arbeite sicher!
FIn der Bord-Praxis
brauchst Du für folgende Jobs diese Knoten:
(Dalben, Poller, Ringe, Reling, Nägel, etc.)
Verbinden
Schlaufen
(nicht zuziehbar)
Schnüren (Zeisinge,
etc)
Anstecken
(z. B. Wurfleine an Trosse)
Vergiss:
Palstek,
Kreutzknoten, Schotstek (auch den doppelten), Trossenstek und das was in deinem
Lehrbuch zum Thema Knoten steht.
Der sicherste Festmacher
ist der Webeleinenstek mit zwei Halben Schlägen (er ist
für Fallschirme vom Bundesluftfahrtamt zugelassen!). Eine Abbildung spare ich
mir, denn den Webeleinenstek hast du gelernt und er nur noch mit zwei halben
Schlägen zu sichern.
Der sicherste Verbinder
für gleich dickes Gut ist der „Spierenstich":

Er hat außerdem
eine bessere Führung der Parten als manch anderer Knoten.
Die sicherste Schlaufe
ist die „Anglerschlaufe". (Vergiss den Palstek!):
 
Beide
Varianten sind gleichwertig!
Ein weiter Vorteil
ist, dass der Knoten hinsichtlich der Schlaufe eine bessere Führung als andere
aufweist.
Schnüren
kannst du am besten mit dem „Würgeknoten". Den kennst du nicht?
Es ist der beste Behelfstakling und er hält wie „Gift". Er entsteht auf
der Basis eines Webeleinesteks:

Er hat einen kleinen
Nachteil:
Um ihn zu lösen, ist
oft Pricker oder Marlspieker notwendig.
Musst du eine
Wurfleine an einen Festmacher anstecken, dann mache einen „Prusik"
(Kletterer vertrauen diesem Klemmknoten ihr Leben an…):

Und wenn nun ein
eine dünne Leine mit einer dickeren verbunden werden muss? Wenn denn schon,
dann ist nur ein passender Schäkel sicher, in den das jeweilige Ende mit einem
Festmacher eingebunden wird, sonst siehst du Mann und/oder Boot nicht wieder.
Vergiss die Schotsteke!
Dass in jede Schot
und jeden Taljeläufer ein Achtknoten gehört, ist nach wie vor
selbstverständlich.



Ebenso ist es
selbstverständlich, dass die lose Part nach einem Knoten ca. 30 cm lang bleibt.
In Kunstfasertauwerk kann ein festgeholter Knoten um eine Länge
nachrutschen, die dem 25fachen des Leinendurchmessers entspricht; besonders
unter Lastwechseln (dein Kahn schwoit am Schlängel…). Schade um das Boot,
wenn du daran nicht gedacht hast.
Mehr brauchst du
über Knoten nicht wissen. Du musst diese Knoten aber unter allen Bedingungen
beherrschen, sonst wirst du vielleicht Probleme bekommen. Es bleibt dir
natürlich unbenommen mehr Knoten zu erlernen, aber bedenke dabei immer die
Sicherheit in Kunstfasertauwerk, sie gilt nicht für alle Knoten!
Mast und Schotbruch!
„sleepytomcat"
Anmerkung: Beim nächsten Bobby Schenk's
Blauwasserseminar auf der INTERBOOT in Friedrichshafen wird auch als
Referent Deutschlands "Knoten-Pabst" Egmont Friedl anwesend sein und
dogmatisch sein Urteil über die revolutionären Ansichten von Jens Kraglund
abgeben. Man darf gespannt sein. Programm
und Anmeldemöglichkeit für das Seminar hier.
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