Das
segelnde Klassenzimmer
- die Weltumsegelung der
Kiwitt (10)
Der Zauber der
Karibik?
Am ersten Weihnachtstag ging es ungewöhnlich weiter. Zusammen mit Georg und Irene bereiteten wir unser Weihnachtsessen vor: Hamburger. Ungewöhnlich, aber nach den letzten Monaten fern ab von Fast Food, war uns einfach mal danach und außerdem waren es nicht wirklich Hamburger, sondern kleine, frisch zubereitete kulinarische Meisterwerke. Nach dem Essen ging es gemeinsam an den Strand, frische Cocktails trinken. Es war einfach Urlaub! Richtig ausspannen, das muss auch mal sein. Auch wenn immer alle denken, dass so eine Reise nur Urlaub bedeutet, dem ist nicht so. Ein großer Teil der Zeit, circa ein Drittel, ist nämlich durch Segeln belegt. Das ist zwar keine richtige Arbeit, aber Freizeit oder gar Urlaub ist es auch nicht. Und auch, wenn das vielleicht nicht jeder glauben mag, nach 10 Tagen auf See ist das auch nicht mehr spannend. Ein weiteres Drittel der Zeit geht für Besorgungen, Einklarieren, Reparaturen und Erledigungen drauf. Das letzte Drittel war tatsächlich unser Urlaubsdrittel.
Zwischen Weihnachten und Neujahr kam eine Freundin von Heike und gemeinsam erkundeten wir in den nächsten Wochen die Insel. Unser Reiseführer nannte die Bottom Bay als schönsten Strand der Karibik. Skeptisch wie ich bin, erklärte ich den beiden Damen, dass wahrscheinlich jede Insel in der Karibik behauptet, eine Bucht mit dem schönsten Strand zu haben. Aber natürlich stieß ich auf wenig Gehör und so saßen wir einige Tage später im Bus. Am Ziel angekommen, musste ich dann kleinlaut zugeben, dass dieser Strand wirklich überwältigend war. Ob es der schönste der ganzen Karibik ist, sei einmal dahingestellt, aber der schönste von Barbados ist es bestimmt. Ein wunderschöner weißer Sandstrand, der ganz leicht rosa schimmert. Den passenden Kontrast bietet der graue Fels, der die Bucht einrahmt. Hinter dem Strand funkelte das türkisblaue Meer und um das kitschige Klischeebild abzurunden, fehlten auch die hoch gewachsenen Kokospalmen nicht.
Strand, Strand, Strand. Die Zeit nach Weihnachten war hauptsächlich von Stränden geprägt und die Tage verstrichen schnell. Plötzlich standen wir wieder am Flughafen und nach einer langen Verabschiedung waren wir wieder allein.
Auf der
Kiwitt kehrte der Alltag ein und ich begann noch am selben Tag die anstehenden Aufgaben abzuarbeiten.Der größte Punkt auf meiner Liste war, das Heck der
Kiwitt neu zu streichen. Im unteren Bereich, unmittelbar an der Wasserlinie, platzte der Klarlack ab und das darunterliegende Holz war bereits feucht geworden. Da wir es uns aber auch nicht leisten konnten, die
Kiwitt für die Reparaturen aufs Trockene zu stellen, musste eine andere Lösung her. Durch Gewichtsverlagerung und mit Hilfe einiger Luftsäcke, die für den Notfall gedacht waren, hoben wir das Heck soweit an, dass ich es vom Dingi aus bearbeiten konnte und nach ein paar Tagen erstrahlte es in neuem Glanz…
Es war wieder ruhig um mich herum und wir fuhren mit kräftigem Wind Richtung Südwesten in die aufkommende Nacht hinein. Die letzten Tage auf Barbados vergingen wie im Flug. Die
Kiwitt musste nach der Reparatur wieder seeklar gemacht werden, wir mussten Wasser bunkern und Besorgungen machen. Das Ergebnis eines Interviews, das wir für eine Zeitung gegeben hatten, wollten wir natürlich auch noch lesen und so fuhr Heike, kurz vor dem Auslaufen, noch schnell an Land, um ein Exemplar mit unserem Artikel zu kaufen. Anschließend lichteten wir sofort den Anker mit Kurs Tobago. Unsere Batterien waren zu diesem Zeitpunkt so kaputt, dass sie keine Ladung mehr aufnahmen, der Motor ließ sich also nicht mehr starten. Nun ja, die
Kiwitt ist ja ein Segelschiff und in Trinidad wollten wir sowieso neue Batterien kaufen. Eigentlich sollte es keine lange Überfahrt werden. Eigentlich ein Tag und eine Nacht. Eigentlich! Navigatorisch stand nichts Abenteuerliches an, da wir das Nordende von Tobago erst bei Tageslicht erreichen sollten. Es galt also nur auf Schiffe zu achten und die Nacht zu genießen. Über Nacht ließ der Wind dann aber so stark nach, dass wir erst gegen 18:00 Uhr Tobago sichteten. Da es schon zu spät war, drehten wir über Nacht bei. Ein Fehler!
Ich staunte nicht schlecht, als ich am nächsten Morgen das Kreuzchen in die Seekarte machte. Wir waren 25 Seemeilen von der Nordspitze Tobagos entfernt. Offensichtlich hatte uns ein starker Strom Richtung Norden versetzt. Diese Vermutung bestätigte sich, als wir wieder Kurs aufnahmen und sich die Insel nur quälend langsam näherte. Wir brauchten den ganzen Tag um uns Tobago wieder zu nähern, motoren konnten wir ja auch nicht. Und dann war es schon wieder zu spät! Mit der untergehenden Sonne sank die Stimmung an Bord auf einen Tiefpunkt. Wir hatten uns auf eine Nacht auf See eingestellt und nun war es schon die dritte. Diesmal kreuzten wir mit 5 Meilen Abstand zur Insel hin und her. Und mit den ersten Sonnenstrahlen am nächsten Morgen nahmen wir Kurs auf die Man O’War Bay. Mit einer leichten Brise segelte die
Kiwitt in die Bucht und dann… Na was schon?! Der Wind war in der Landabdeckung weg und wir dümpelten herum. Also hängte ich den 2 PS Außenborder ans Heck und wir motorten doch noch quälend langsam in die Bucht hinein, bis es flach genug war, den Anker zu werfen.
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