YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Hallo Kuno,
Fragen nach dem Tiefgang werden
hier öfters gestellt - siehe auch die Frage von Martin Gorczinski
(zusammen mit
meiner Antwort - hier klicken!).
Aber um eines vorwegzunehmen: Zweifel an der Tauglichkeit für eine Langfahrt
oder für eine Schleife um die Erde würde ich wegen eines Tiefgangs von 2 Meter
15 nicht bekommen.
Alle Weltumseglerboote sind Kompromisse,
ausnahmslos! Es gibt keine idealen Langfahrtschiffe. Höchstens in der
Phantasie. Mit jedem Vorteil muss eine Reihe von Nachteilen in Kauf genommen
werden. So stehen dem eventuellen Nachteil eines beträchtlichen Tiefgangs von
2,15 Meter auch eine Reihe von Vorteilen gegenüber, also Steifigkeit,
"Spurtreue", Segeltragvermögen etc.
Nach meiner Erfahrung ist übrigens ein solcher
Tiefgang kein sehr bedeutsamer Nachteil beim Anlaufen von exotischen Zielen.
Jedenfalls nicht, wenn man sich meiner Segelphilosophie anschließen könnte.
Mein jetziges Schiff, ein Katamaran vom Typ Privilege, hat kein einziges Ziel
angelaufen, das ich nicht mit der Vorgängeryacht der THALASSA II auch
angelaufen habe. Und diese Suncoast 48 hatte immerhin einen Tiefgang von 1,80
Meter: Wohlgemerkt nach Werftangaben, woraus nach entsprechender Beladung gut
und gerne 2 Meter geworden sind.
Ich bin kein Freund von Tidenplanungen im
Dezimeterbereich. Ein paar Meter unter dem Kiel sollten es bei mir im Normalfall
immer sein. Zumal aus einer Sicherheitsmarge von einem halben Meter durch
widrige Klimaverhältnisse (schlechtes Wetter) oder durch unbeabsichtigtes
Ausscheren aus der Ideallinie schnell eine Sicherheitsmarge von null Zentimetern
werden kann. Im Klartext: Mit 2,15 Metern Tiefgang sind Ihnen einige (wenige)
Inseln in der Südsee (z.B. in den Cook-Inseln) versperrt, mehr nicht. Was ist
das schon bei einem Angebot von einigen hundert Südseeparadiesen?
Was
ich Ihnen allerdings rate: Sie sollten peinlich darauf achten, den Tiefgang
nicht durch übermäßige Beladung noch weiter zu vergrößern. Gerade bei
Einrümpfern auf Langfahrt macht man sich selten über diese Problematik
Gedanken, bis man plötzlich bemerkt, dass man Bewuchs oberhalb des Wasserpasses
hat, also der Wasserpass mit seinen 20 Zentimetern Breite unter dem Wasser
gänzlich verschwunden ist. Eine Tatsache, die in zahlreichen
Weltumseglerbüchern - nicht ohne Stolz - immer wieder vermerkt wird. Achtet man
darauf, dann wird einem ohnehin bewusst, dass man auf Langfahrt gerade dazu
neigt, sein Schiff mit unnützem Gerümpel vollzuladen.
Einen ansonsten wenig beachteten Nachteil hat so
ein heftiger Tiefgang aber schon: Mit Trockenfallen läuft nichts mehr,
jedenfalls mitten in der Südsee und im Indischen Ozean, und - schlimmer -
einige der ohnehin seltenen Travelifts sind nicht mehr geeignet, weil die Yacht
auch nicht bei Hochwasser ins Bassin unter den Gurten einlaufen kann. Ist man
sich aber dessen bewusst, kann man dieser Schwierigkeit frühzeitig durch
entsprechende Reisplanung entgegenwirken.
Gute Fahrt
Bobby Schenk
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