YACHT-Leser fragen, Bobby Schenk
antwortet
Hallo Herr Maassen,
nein, dieses Detail ist nicht
zweitrangig. Erstens gibt es in den verschiedenen Ländern die
unterschiedlichsten Spannungen und Frequenzen und zweitens werden Sie auch auf
Langfahrten immer mehr in Marinas "gezwungen".
Noch vor ein paar Jahren hätten
Sie sich um dieses Detail keine großen Gedanken machen müssen, denn der
"normale" Aufenthalt für einen Langfahrtsegler war der Ankerplatz und
nicht eine Marina mit Landstrom-Anschluß. Und wenn Sie schon mal in eine Marina
hätten müssen oder dürfen, dann hätte es eine Kabeltrommel mit einem
Batterieladegerät aus dem Kaufhaus getan.
Heute geht die Entwicklung in eine
andere Richtung: Fast überall auf der Welt hat man zunehmend den kommerziellen
Wert der Yachtsleute als Kunden erkannt und so werden - selbst in den
entlegensten Gebieten - Marinas gebaut, beziehungsweise Häfen yachtgerecht
hergerichtet. Und es ist häufig auch nicht so, dass Sie als Blauwassersegler
dann noch die Wahl haben, ob Sie am Ankerplatz bleiben oder in die Marina gehen.
Denn, wenn man schon mal erheblich investiert hat, möchte man die Kundschaft
auch bedienen (beziehungsweise abkassieren), was ja in einer Marina leichter
ist, als am Ankerplatz über künstliche Gebühren (Fremdensteuer,
Leuchtfeuer-Gebühren oder ähnliches). So ist es gar nicht selten, dass rund um
eine Marina herum wie zufällig in der Karte Ankerverbote eingezeichnet sind.
Wenn Sie mal in der Marina drin
sind, dann versteht es sich fast von selbst, dass Sie sich auch über den
Landstrom versorgen und nicht Ihren lärmenden Generator, die schnurrende
Hauptmaschine oder den schwirrenden Windgenerator für die unumgängliche
Stromversorgung benutzen!
Schön, wenn Sie dann nur Ihr
Landstromkabel mit dem passenden Stecker versehen - es muss eine Unzahl von
Steckerkonstrukteure geben, denn sonst würde man nicht in jeder Marina einen
anderen, teuren, Stecker benötigen - und schon funktioniert alles an Bord, vom
Ladegerät über den Kühlschrank bis hin zur Mikrowelle.
Leider ist es in der Praxis nicht
so einfach. Denn kaum eine Yacht ist wie die auf dem Bild für alle Fälle, also
für alle Spannungen und Frequenzen vorgerüstet.

Wir haben es praktisch immer mit
zwei Spannungen zu tun, nämlich mit 220 Volt (in der Praxis identisch mit 240
Volt wie in Australien) und die veralterten 110 Volt mit 50 oder 60 Hertz - und
den vier daraus möglichen Kombinationen. Wobei in jedem Fall die Spannungen
übereinstimmen müssen. Stimmt die Frequenz nicht, dann werden zahlreiche
Geräte nicht funktionieren (zum Beispiel Pumpen in der Waschmaschine).
Eine Anlage für alle Fälle gibt
es nicht. Außerhalb den USA sind wohl die 220 Volt mit 50 Hertz (wie in
Deutschland) die verbreitesten. Allerdings trifft man gelegentlich auch auf 220
Volt mit 60 Hertz, so wie in Französisch Polynesien - siehe auch den Artikel
Spannungskrieg.
Mit jedem Angebot an Landstrom wird man fertig,
wenn man dem Rat von Kai Urig folgt, nämlich den Strom für das gesamte Schiff
aus den Batterien zu beziehen. 12 Volt für die Lichter, die Elektronik u.ä.
direkt aus der Bordbatterie und 220 Volt mit 50 Hertz für die elektrischen
Geräte aus einem Inverter (= Wechselrichter - macht aus 12-Volt-Gleichstrom
220-Volt-Wechselstrom) der an der Bordbatterie angeschlossen ist. Die
Landstrom-"Anlage" würde also in diesem Falle lediglich aus einem
ausreichend dimensionierten galvanisch getrennten Ladegerät bestehen, das
wahlweise über 110 Volt oder 220 Volt zu betreiben ist und sowohl bei 50 Hertz,
als auch bei 60 Hertz den nötigen Gleichstrom zum Batterieladen erzeugt.
Nach meinen Erfahrungen hat diese Lösung
allerdings einen Nachteil (den ich in Kauf nehmen würde): Die erheblich
belasteten Bordbatteiren "verbrauchen" sich schneller. Aber Batterien
sind ohnehin auf Langfahrt Verbrauchsgegenstände mit einer ungefähren
Lebensdauer im schweren Dauerbetrieb von drei bis vier Jahren.
Sie sehen, es macht Sinn, über die
"richtige" Landstromanlage nachzudenken. Schließlich gehen wir auf
Langfahrt, um ein schönes Leben zu haben und nicht unter primitiven Bedingungen
zu vegetieren.
Bobby Schenk
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