Trick-Siebzehn an Bord (25)
Ölwechsel beim Saildrive unter Wasser
Idee von HARLEKIN und LAROSSA,
erprobt auf der THALASSA
Das Schiff aus dem Wasser zu nehmen ist ein
teurer Spaß - meistens.
Erst recht geht die Sache ins Geld, wenn man die Yacht mit dem
Traveller-Lift an Land setzt, nur um den jährlich vorgeschriebenen Ölwechsel
am Saildrive zu machen. Aber all das ist noch kein echtes Problem - abgesehen
vom Aderlass der Bordkasse. Dramatisch wird es erst dann, wenn kein Slip oder
Travellift erreichbar ist und die Yacht wegen dem Saildrive rausmuss. Und zwar
in kürzester Zeit.
So erging es der THALASSA, als sie in Malaysia ankam
und dort feststellen musste, dass Seewasser in den Saildrive gelangt war, aus
welchen Gründen auch immer. Zunächst konnte ich das Unglück gar nicht
glauben. Was nicht sein soll... Aber der Zustand des "Öls" ließ
keinen Zweifel. "Mayonnaisse", grau gefärbt war die treffende
Beschreibung. Also den Katamaran an Land setzen! Aber gerade das war das
Problem, denn im Umkreis von 300 Meilen gab es schlicht und einfach keinen
Travellift, der mit der Breite der THALASSA, 7 Meter 30, fertig geworden wäre.
Einer hatte ein Bassin mit immerhin 7 Meter 25, doch 5 Zentimeter zu wenig ist
auch zu schmal. Und Trockenfallen? Das traute ich mir einfach wegen des kurzen
"modernen" Kiels nicht - siehe hier.
Eine
verzweifelte Situation, denn mit Salzwasser im Getriebe bemisst sich die
Überlebensdauer der Kugellager, um nur einen Schwachpunkt zu erwähnen, nach
Stunden. Also, das Öl/Wasser-Gemisch musste aus dem Saildrive raus! Nur wie?
Grübel, grübel und studier! Öl ist leichter als Wasser?
Schwimmt also immer oben. Ein einfacher Versuch bewies es. Also würde sich nach
Trennung der Mayonnaise das Wasser nach unten absetzen. Aber diese Erkenntnis
half nur insofern, als es klar wurde, dass schnellstens eine Lösung
hermusste.
Sicher hat auch der Zufall zur Lösung des Problems geholfen:
Als wir vor einem Jahr mit der HARLEKIN (Ingrid und Norbert) auf einem
Südsse-Ankerplatz lagen, da gab mir Norbert das Handbuch zu seinem Motor, der
identisch mit meinen Maschinen ist. Da weit und breit keine Möglichkeit
bestand, das Handbuch zu kopieren, nahm ich mir 10 Minuten Zeit und
fotografierte mit meiner Digitalkamera Seite um Seite ab. Man kann ja nie
wissen...
Und
diese Fotos halfen mir jetzt insofern weiter, als sich aus den Zeichnungen
ergab, dass ein Absaugen des Ölgemisches über den Peilstabeinlass nicht
möglich war. Ein vergeblicher Versuch ergab gerade mal 0,8 Liter Dreckszeug,
also blieben zwei Liter im Getriebe. Zum Verrücktwerden, ich war im
Maschinenraum keine 50 Zentimeter vom Problem entfernt, und konnte es nicht
erreichen, weil die Ölablassschraube (Pfeil) unter Wasser war. Ein Öffnen
dieser Schraube tauchenderweise hätte nur dazu geführt, dass noch mehr Wasser
ins Saildrive-Gehäuse eindringen würde, siehe obiges Versuchsfoto.
Die geniale Lösung kam per Email von den Yachten LAROSSA
und HARLEKIN, noch in Bali, und von mir beim täglichen Funktreffen
informiert. Und das Eindrucksvolle an diesem Vorschlag war, dass es sofort
einleuchtete: "Ja, so muß es gehen!"
Mit der Fähre fuhren wir von unserer Marina in Sebana Cove (Malaysien)
nach Singapur - ein hübscher 50-Minuten-Ausflug durch den Urwald. Bei einer
Volvo-Werkstätte erkundigten wir uns nach der Größe der Ablassschraube, die
im Handbuch nicht angegeben war. Der Indische Mechaniker schüttelte den Kopf:
"Das kann ich Ihnen nicht sagen und ich hab so ein Ding auch nicht
da!"
Mit diesen Worten schüttete er den Inhalt eines
Schuhkartons auf den Tisch. Und scheppernd fiel mir eine Schraube vor die
Füße. Der Gott des Zufalls mochte mich an diesem Tag. Die Schraube sah der
Ölablassschraube auf der Zeichnung sehr ähnlich, wahrscheinlich war sie es
sogar.
"Und jetzt brauchen wir noch einen Kunststoffnippel mit
einem Gewinde dran wie die Schraube!" Wieder schüttelte der Mechaniker den
Kopf und nahm die Schublehre zur Hand: "Etwas unter 10 Millimeter!" In
der Ecke fand er ein öltriefendes Gebilde, wie es bei Aussenbordern verwendet
wird, um umweltschonend Altöl in einen Kanister abzusaugen. Der daran hängende
Kunststoffhahn hatte das gleiche Gewinde wie die Schraube. Das wars.
Nun zur eigentlichen Operation, die letztlich derart einfach
verlief, dass ich sie in Zukunft auch anwenden werde, um nur den Ölwechsel im
Saildrive vorzunehmen.
Schritt 1: Der Saildrive wird randvoll über den
Getriebedeckel (nicht über den tiefer gelegenen Peilstabeinlass) mit Öl
gefüllt und mit dem Öleinlassdeckel geschlossen.
Schritt 2: Die Ölablassschraube wird unter
Wasser geöffnet und (mit O-Ring!) entfernt. Weiteres Wasser kann nicht
eindringen, weil Öl leichter als Wasser ist und im randvoll ölgefülltem
Getriebe kein Platz für zusätzliches Wasser ist.
Schritt 3: Der Kunststoffnippel, an dem nunmehr ein
circa 2 Meter langer Schlauch angebracht ist, wird vorsichtig (damit das
Gewinde nicht beschädigt wird) statt der Ölablassschraube eingedreht. Der
Schlauch befindet sich dabei neben dem Schiff über der Wasseroberfläche.
Schritt
4: Der Öleinfülldeckel am Getriebe wird geöffnet und die Mayonnaise über
den Schlauch neben dem Schiff abgesaugt. In das Getriebe wird solange Öl
nachgefüllt, bis nur noch sauberes Öl abgesaugt werden kann.
Schritt 5: Das Getriebe wird wieder randvoll - wie oben
- mit Öl gefüllt, wobei zusätzlich ein Schlauch am Gewinde für den
Ölmessstab angebracht wird und dieser ebenfalls bis über die Wasseroberfläche
hoch mit Öl gefüllt.
Schritt 6: Der Kunststoffnippel wird gegen die
Ölablassschraube nebst O-Ring ausgetauscht.
Hat tadellos funktioniert und keine Stunde gedauert. Und zwar
ohne Umweltbelastung. Denn das "Altöl" wird ja nicht ins Wasser
abgelassen, sondern per angeschlossenen Schlauch auf einen Behälter auf dem
Steg. Was aber
den Erfolg erst möglich gemacht hat, war der Freediver , ein elektrischer
Tauchkompressor (Kreis), der es ermöglichte, ohne Zeitbegrenzung unter Wasser
zu bleiben und in aller Ruhe und sorgfältig den Kunststoffnippel sauber
senkrecht statt der Ölablassschraube einzudrehen. Wobei die Arbeit dadurch
erschwert wurde, weil der fettige Nippel mit dem daran hängenden Schlauch ja
ebenfalls genau senkrecht gedreht werden musste. Unmöglich wäre es
gewesen, "zwischendurch" mal Luft zu holen.
Beim Absaugen konnte man an den verschiedenen Ölproben gut
erkennen, wie aus der Mayonnaise sauberes Öl wurde (Bild oben).
Beim Austausch des Nippels gegen die Ölablassschraube war
unter Wasser bestens zu beobachten, dass auch nicht ein Gramm Wasser ins
Getriebe eindringen konnte. Durch den mit Öl gefüllten
Schlauch oben am Getriebe wurde ein Überdruck im Saildrive erzeugt, der dazu
führte, dass vor dem endgültigen Einsetzen der Ölablassschraube ein oder zwei
kleine Fetttropfen aus dem Saildrive-Boden ins umgebende Wasser austraten.
Einen Tag nach der "Operation" wurde der Saildrive
ein paar Minuten betrieben, worauf das Öl sich absolut wasserfrei zeigte (Bild
unten - links). Freilich - das eigentliche Problem, nämlich die wahrscheinlich
schadhaften Dichtungen an der Propellerwelle, ist damit noch nicht gelöst. Aber
vielleicht gibts dazu auch eine Patentlösung. Zeit genug zum Nachdenken haben
wir ja jetzt gewonnen.
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